Z Geburtshilfe Neonatol 2011; 215 - PO04_07
DOI: 10.1055/s-0031-1293345

N-terminales pro-B-Typ natriuretisches Peptid bei fetaler Anämie

WM Merz 1, K Kübler 1, R Fimmers 2, B Stoffel-Wagner 3, A Geipel 1, U Gembruch 1
  • 1Universitätsklinikum Bonn, Abteilung für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Bonn
  • 2Universitätsklinikum Bonn, Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie, Bonn
  • 3Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie, Bonn

Ziel: Kompensationsmechanismen einer fetalen Anämie beinhalten eine Steigerung des Herzauswurfs mit konsekutiver Volumenbelastung. N-terminales pro-B-Typ natriuretisches Peptid (nt-proBNP) ist ein Marker der Herzinsuffizienz.1 Es wird bei einem Anstieg der ventrikulären Wandspannung freigesetzt und führt zu kardialem ‚Remodeling’ und Fibrose. Wir bestimmten zirkulierendes nt-proBNP bei fetaler Anämie.

Methodik: Die Diagnose einer fetalen Anämie wurde nicht-invasiv gestellt. Proben wurden vor Beginn der intrauterinen Transfusion (IUT) entnommen, und nt-proBNP mittels Chemilumineszenz-Immuno-Assay bestimmt. Feten mit Fehlbildungen oder intrauteriner Wachstumsrestriktion wurden ausgeschlossen. Nt-proBNP-Werte wurde mit der Hämoglobin-Konzentration (Hb) sowie der maximalen Geschwindigkeit der A.cerebri media (MCA-PSV) korreliert. Die Anämie wurde in 3 Schweregrade eingeteilt.2 Als Vergleichskollektiv dienten 78 Feten eines Normalkollektivs.3

Ergebnis: 27 Fälle wurden rekrutiert; klinische Details s.Tab.1. Ein Hydrops fetalis bestand bei 7 Feten. Nt-proBNP war bei Anämie stark erhöht (median 15167ng/L vs. 1874ng/L; P=0.000). Hydrope Feten hatten signifikant höhere Werte (18660ng/L vs. 11706ng/L; P=0.028), s.Abb. 1. Für Hb und MCA-PSV ergab sich kein Unterschied zwischen hydropen und nicht hydropen Feten. Nt-proBNP>10000ng/L hatte einen negativen prädiktiven Wert von 100% für die Identifikation eines Hydrops fetalis (positiver prädiktiver Wert: 44.4%). Nt-proBNP in den verschiedenen Anämieklassen s.Abb. 2. Die Verlaufsbeobachtung mehrfach transfundierter Feten ergab eine Normalisierung des nt-proBNP-Wertes nach der dritten IUT (2528ng/L vs. 1874ng/L; p=0.058). Hb- und MCA-PSV-Werte blieben pathologisch.

Schlussfolgerung: Nt-proBNP korreliert mit dem Ausmaß der kardialen Dysfunktion im Rahmen einer fetalen Anämie und ermöglicht die Differenzierung zwischen kompensiertem Status und Hydrops. Die nt-proBNP-Bestimmung kann zu einer optimierten Therapieplanung der fetalen Anämie beitragen.

Tabelle 1: Anämie-Ursachen und Schweregrade (n=27)

Diagnose

n

Rhesus-Alloimmunisierung

10

Parvovirus-B19 Infektion

8

Tumore mit assoziierter Blutung

5

Chronische fetomaternale Blutung

2

Elliptozytose

1

Unbekannt

1

Schweregrad*

Unbekannt

2

Keine§

2

Mild

7

Mäßig

4

Schwer

12

* Einteilung nach Mari et al.2

§ Ersttransfusionen bei bekannter Rhesus-Alloimmunisierung, chronische fetomaternale Transfusion, je ein Fall.

Abb. 1: Nt-proBNP (ng/L) im Umbilikalvenenblut von anämen Feten vor Therapie. Anämie ohne Hydrops: n=20; Hydrops: n=7; Kontrollen: n=78. Lg-transformierte Werte sind dargestellt.

Abb. 2: Nt-proBNP (ng/L) nach Ausmaß der Anämie.2 Leichte Anämie: n=6; mäßige Anämie: n=4; schwere Anämie: n=12. Lg-transformierte Werte sind dargestellt.

Literatur: 1. Dickstein K et al. Eur Heart J 2008;29:2388-2442. 2. Mari G et al. N Engl J Med. 2000;342:9-14. 3. Merz WM et al. Clin Biochem 2010;43:519-521.