Suchttherapie 2011; 12 - A6
DOI: 10.1055/s-0031-1293184

Benzodiazepine im Regelfall sechs Wochen – wie ist die Realität?

R Holzbach 1
  • 1LWL-Kliniken Lippstadt und Warstein, Abteilung Suchtmedizin; Lippstadt und Warstein

Benzodiazepine sind weltweit bei der Akutbehandlung von Suizidalität, Angst oder bei agetiert-depressiven Patienten Mittel der ersten Wahl. Ihre Anwendung soll aber auf wenige Wochen begrenzt bleiben. Kriterien für Ausnahmen fehlen. Befürworter und Gegner dieser Vorgaben unterscheiden sich nicht in der Häufigkeit eigener Langzeitverschreibungen von Benzodiazepinen. Im Rahmen einer Untersuchung im Auftrag des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) konnte gezeigt werden, dass lediglich 2/3 aller Behandlungsfälle Leitlinien-gerecht erfolgt. Frauen erhalten fast doppelt so häufig Benzodiazepine verordnet wie Männer. Die Verschreibungen gehen zu 1/3 an die unter Fünfzig-Jährigen, 1/3 an die 50- bis 70ig-Jährigen und 1/3 an die über Siebzig-Jährigen. Nur ein kleiner Teil der Patienten nutzt mehrere Ärzte und auch dann gibt es in der Regel einen „Haupt-Verschreiber“ (der in 80 bis 90% der Fälle die Gefährdungsstufe des Patienten erkennen kann). In der Diskussion um solche Langzeitverschreibungen wird in der Regel zu einseitig auf die Abhängigkeits-Problematik abgehoben, deren Kriterien nur ein kleiner Teil der Langzeitkonsumenten erfüllt. Schon vorher treten Nebenwirkungen auf, die sich in eine Phase mit „Wirkumkehr“ und eine „Apathie-Phase“ unterscheiden lassen. Der fachgerechte Entzug führt bei diesen Patienten zu einer Verbesserung der Schlafqualität und einer Minderung der depressiven Symptomatik.