Neuroradiologie Scan 2012; 02(02): 131-148
DOI: 10.1055/s-0031-1291830
Fortbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Demenz: Was kann der Radiologe sagen?

Dementia: What can the radiologist say?
H. Urbach
,
S. Flacke
,
H. J. Huppertz
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. April 2012 (online)

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Zusammenfassung

Aufgrund der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft wird die Demenz zukünftig auch den Radiologen „beschäftigen“. Hauptindikation für die Bildgebung bleibt der Ausschluss einer unerwarteten und behandelbaren Ursache. In der Diagnostik der mit 60 % der Fälle häufigsten Demenzerkrankung, dem Morbus Alzheimer, ist die MRT neben Liquor und PET bzw. SPECT ein sog. Biomarker. Eine auf senkrecht zur C.a.-C.p.-Ebene quantifizierte temporomesiale Atrophie ist bei noch nicht symptomatischen Patienten prädiktiv für das rasche Auftreten von Symptomen. Für die Erfassung geringer Volumenveränderungen im Verlauf müssen jedoch voxelbasierte Analyseverfahren herangezogen werden. Einige seltene Demenzerkrankungen weisen pathognomonische MRT-Muster auf und sollten daher vom Radiologen zuverlässig erkannt werden.

Abstract

With the ageing of our population dementia will become a more relevant topic for radiologist in the near future. To date, the key clinical indication for imaging studies is the exclusion of unexpected but treatable conditions. MRI together with CSF, PET and SPECT is considered a biomarker in the diagnosis of Alzheimer’s disease, the most frequent dementia affecting approximately 60 % of patients with dementia. Atrophy of the mesial temporal lobe quantified on images acquired perpendicular to a plane defined by the anterior and posterior commissure predicts the rapid development of symptoms in otherwise asymptomatic patients. However, the detection of small changes in brain volume during follow-up imaging requires a voxel based analysis. Other types of dementia have characteristic patterns on MR images, which should be readily recognized by the radiologist.

Kernaussagen
  • Demenz besteht aus einer – mehr als 6 Monate anhaltenden – erworbenen Gedächtnisstörung und Denkstörung, die zu einer Beeinträchtigung der Alltagsbewältigung führt. 5 % der über 65-Jährigen und 20 % der über 80-Jährigen sind dement.

  • Die Rolle der Bildgebung bestand lange Zeit darin, sog. sekundäre Ursachen einer Demenz wie Tumor, Hydrozephalus, Abszess und andere auszuschließen. Heute können mit ihr relevante Erkrankungen klassifiziert und Prognosen gestellt werden.

  • Ein Morbus Alzheimer wird heute anhand der Klinik und sog. In-vivo-Biomarker gestellt. Letztere können bereits bei Patienten erfasst werden, die klinisch noch nicht oder nur wenig beeinträchtigt sind. Einer dieser Biomarker ist die temporomesiale und parietale Atrophie in der MRT.

  • Häufig können vaskuläre Demenzen und Mischformen zwischen vaskulärer Demenz und Alzheimer-Demenz nicht sicher unterschieden werden. Klinisch wird das u. a. mit dem Hachinski-Ischämie-Score versucht, radiologisch muss insbesondere darauf geachtet werden, seltene Ursachen einer Leukoenzephalopathie zu erkennen und Leukoenzephalopathien nicht vorschnell als mikroangiopathisch fehlzudeuten.

  • Bei den Mischformen zwischen vaskulären Demenzen und dem Morbus Alzheimer ist insbesondere die zerebrale Amyloidangiopathie von Bedeutung, die bei 27 – 32 % „gesunder“ älterer Menschen, aber bei 82 – 88 % der Alzheimer-Patienten auftritt. Hinweise darauf sind multiple Mikroblutungen an der Rinden-Mark-Grenze und eine superfizielle Siderose.

  • Eine frontotemporale, klassischerweise asymmetrische Atrophie ist typisch für eine frontotemporale Lobärdegeneration.

  • Bei der Lewy-Körper- und Parkinson-Demenz zeigen funktionelle nuklearmedizinische Untersuchungen die verminderte Dopamin-Transporter-Bindung im Striatum, die MRT ist nicht wegweisend.