Zentralbl Chir 2011; 136 - P_55
DOI: 10.1055/s-0031-1289086

Spinale Lipomatose als seltene Ursache neurologischer Veränderungen bei transplantierten Patienten

P Kühn 1, A Wunsch 1, R Viebahn 1
  • 1Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, Chirurgische Universitätsklinik, Bochum, Germany

Einleitung: Die spinale Lipomatose ist eine sehr seltene Erkrankung, deren Prävalenz nicht bekannt ist. Es handelt sich um eine Ansammlung von epiduralem Fettgewebe, die in ca. der Hälfte der Fälle Spinalnervirritationen bis hin zu einer spinalen Claudicatio verursachen kann. Sie tritt idiopathisch, bei Adipositas und bei endokrinem (z.B. paraneoplastische ACTH-Sekretion) und exokrinem (Immunsuppression bei Transplantation) Steroidexcess auf. Die Erstbeschreibung geht auf einen 1975 nierentransplantierten Patienten zurück.

Fall: Wir berichten über einen 51-jährigen Patienten mit Z.n. kombinierter Pankreas/Nierentransplantation in Blasendrainagetechnik 04/95 und Konversion in Dünndarmdrainagetechnik 11/98 wegen rezidivierender Harnwegsinfekte bei neurogener Blasenentleerungsstörung. Es zeigte sich weiterhin eine ausgeprägte Sensibilitätsstörung der unteren Extremitäten, verlängerte Nervenleitgeschwindigkeit und eine Myatrophie. Initial wurden die Beschwerden durch eine diabetische Polyneuropathie erklärt. Im Rahmen der Abklärung zeigte sich die spinale epidurale Lipomatose.

Diskussion: Eine spinale Lipomatose zeigt sich durch einen pathologischen nicht verkapselten epiduralen Fettgewebszuwachs. Kompression kann je nach Höhe zu neurologischen Symptomen wie z.B. Muskelschwäche, Sensibilitätsstörungen und pathologischen Reflexen führen. In den meisten Fällen lässt sich ein Bezug zu exokrin oder endokrin zugeführten Steroiden herstellen. Eine idiopathische Form wurde bei obesen Patienten beschrieben. Bekannt ist, das Fettgewebe als stoffwechselaktives Gewebe endokrine Rezeptoren besitzt und so am endokrinen Regulationssystem teilnimmt. Gesteuert über den Hypothalamus bestehen sympathische und parasympathische Regelkreise der verschiedenen Fettkompartimente. Ein lokaler Fettzuwachs epidural kann als Feedbackmechanismus eines neuroendokrinen Zusammenhangs zwischen autonomem Nervensystem und einer Steroidstimulation bestehen.

Schlussfolgerung: Bei Transplantationspatienten muss bei neurologischen Veränderungen, die im Rahmen der zumeist diabetischen Grunderkrankung oder nach langer Dialysedauer erklärbar wären, auch an eine epidurale Lipomatose gedacht werden, da ein Progress durch eine operative Dekompression verhindert werden kann.