Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2011; 21(04): 155
DOI: 10.1055/s-0031-1286556
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lateral erhöhte Schuheinlagen sind zur Behandlung der Gonarthrose nicht geeignet

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Publication Date:
16 August 2011 (online)

 

Referat zur Arbeit von Bennell KL, Bowles K-A, Payne C, Cicuttini F, Williamson E, Forbes A, Hanna F, Davies-Tuck M, Harris A, Hinman RS. Lateral wedge insoles for medial knee osteoarthritis: 12 month randomised controlled trial BMJ 2011; 342:d2912

In Australien wurde in einer randomisierten, kontrollierten Studie der Einfluss von lateral erhöhten Schuheinlagen im Vergleich zu flachen Schuheinlagen auf die Symptome und die strukturellen Veränderungen von Patienten mit medialer Gonarthrose untersucht. 200 Patienten im Alter von 50 oder mehr Jahren mit im Röntgen nachgewiesenen geringen bis mäßigen Zeichen einer medialen Gon-arthrose nahmen an der Untersuchung teil. Die Patienten trugen täglich über 12 Monate entweder eine lateral über die gesamte Länge um 5 Grad erhöhte Schuheinlage oder eine flache Kontrolleinlage.

Hauptergebnisparameter waren einerseits der generelle Knieschmerz in der vorangegangenen Woche, der mit einer 11-teiligen numerischen Beurteilungsskala erfasst wurde, und andererseits die Veränderung des Knorpelvolumens an der medialen Tibia, das mittels Magnetresonanzbildern bestimmt wurde. Nebenergebnisparameter waren die Skalen des WOMAC (Western Ontario and McMaster Universities osteoarthritis index) für Schmerz, Steifigkeit und Alltagsfunktion sowie die Lebensqualität und die erlebte Veränderung des Beschwerdebilds. Außerdem wurden die Zunahme von Knorpeldefekten und Knochenmarkläsionen als sekundäre Ergebnismessung verwendet.

Am Studienende fand sich zwischen beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied in der Schmerzänderung (−0,3 Punkte, 95 %-Vertrauensbereich −1,0 bis 0,3) bzw. im Knorpelvolumen der medialen Tibia (−0,4 mm³, 95 %-Vertrauensbereich −15,4 bis 14,6). Auch die Nebenergebnisparameter zeigten keine unterschiedlichen Veränderungen in beiden Gruppen.

Die Autoren schließen aus den Ergebnissen, dass lateral erhöhte Schuheinlagen im Vergleich zu flachen Schuheinlagen keine Vorteile hinsichtlich Symptome und struktureller Veränderungen von Patienten mit medialer Gonarthrose bedingen. Für eine Krankheitsmodifizierung durch lateral erhöhte Schuheinlagen fehlt aufgrund der nicht beobachteten Strukturänderungen des medialen Anteils des Kniegelenks ein Wirksamkeitsnachweis.

Kommentar

In den Richtlinien des American College of Rheumatology (ACR) [1], der Europäischen Liga gegen Rheumatismus (EULAR) [2] und der Osteoarthritis Research Society International (OARSI) [3] werden lateral erhöhte Schuheinlage als Behandlungsoption für die medial betonte Gonarthrose genannt. Ein Cochrane Review aus 2005 (2007 aktualisiert) [4] fand eingeschränkte Evidenz, dass lateral erhöhte Schuheinlage einen geringen Nutzen bei Gonarthrosepatienten erzielen, der aus einem geringeren Gebrauch von nicht steroidalen Antirheumatika und einer verbesserten Achsenstellung des Kniegelenks abgeleitet wurde. Eine Australische Autorengruppe [5] hat versucht, aus den OARSI-Richtlinien [3], den britischen NICE-Guidelines [6] und den Guidelines des Royal Australian College of General Practice [7] einen minimalen Standard für die Betreuung von Patienten mit Knie- oder Hüftarthrose zu generieren.

Nach kritischer Durchsicht der dort zitierten Studien zur Versorgung von Gonarthrosenpatienten mit lateral erhöhten Schuheinlagen findet sich in dieser Richtlinie aufgrund des fehlenden Wirksamkeitsnachweises keine Empfehlung für Schuheinlagen. Die Ergebnisse der aktuellen Studie unterstützt diese Position.

K. Ammer, Wien, Österreich

 
  • Literatur

  • 1 Hochberg MC, Altman RD, Brandt KD, Clark BM, Dieppe PA, Griffin MR et al. Guidelines for the Medical Management of Osteoarthritis. Part II. Osteoarthritis of the Knee. Arthritis & Rheumatism 1995; 38 (Suppl. 11) 1541-1546
  • 2 Pendleton A, Arden N, Dougados M, Doherty M, Bannwarth B, Bijlsma JWJ et al. EULAR recommendations for the management of knee osteoarthritis: report of a task force of the Standing Committee for International Clinical Studies including Therapeutic Trials (ESCISIT). Ann Rheum Dis 2000; 59: 936-44
  • 3 Zhang W, Moskowitz RW, Nuki G, Abramson, Altman RD, Arden N. et al. OARSI recommendations for the management of hip and knee osteoarthritis, Part II: OARSI evidence-based, expert consensus guidelines. Osteoarthritis and Cartilage 2008; 16: 137-162
  • 4 Brouwer RW, van Raaij TM, Jakma TT, Verhagen AP, Verhaar JAN, Bierma-Zeinstra SMA. Braces and orthoses for treating osteoarthritis of the knee. Cochrane Database of Systematic Reviews 2005; (1) Art. No.: CD004020
  • 5 March L, Amatya B, Osborne RH, Brand C. Developing a minimum standard of care for treating people with osteoarthritis of the hip and knee. Best Practice & Research Clinical Rheumatology 2010; 24: 121-145
  • 6 National Collaborating Centre for Chronic Conditions. Osteoarthritis: national clinical guideline for care and management in adults. In: (NICE clinical guideline; 59). London: Royal College of Physicians; 2008
  • 7 RACGP Osteoarthritis Working Group. for the non-surgical management of hip and knee osteoarthritis; Available at: Melbourne: Royal Australian College of General Practice (RACGP) Guideline. http://www.racgp.org.au/Content/NavigationMenu/ClinicalResources/RACGPGuidelines/