Fragestellung:
Ist eine Beratung bezüglich Fertilitätserhalt vor einer Cyclophosphamidtherapie bei
Autoimmunerkrankungen wichtig und welche Wechselwirkungen sind zu bedenken?
Methode:
Wir analysierten im Zeitraum von Januar 2008 bis September 2010 die Wahl der fertilitätsprotektiven
Maßnahmen bei dem speziellen Kollektiv von Patientinnen mit Autoimmunerkrankungen.
Ergebnisse:
Im Beobachtungszeitraum wurden in der Kinderwunschsprechstunde der Universitätsfrauenklinik
Tübingen 16 Patientinnen mit Autoimmunerkrankung vor einer Cyclophosphamid-Therapie
beraten. Die Patientinnen waren durchschnittlich 25 (15–40) Jahre alt. Die meisten
Patientinnen (56%) litten an einem systemischen Lupus erythematodes. Weitere Erkrankungen
waren eine diffus kutane Sklerodermie, eine schwere Takayasu-Arteriitis, eine therapierefraktäre
okuläre Vaskulitis oder eine schwere Panarteriitis nodosa. 15 Frauen (94%) hatten
keine Kinder, lediglich eine Patientin (6%) hatte ein Kind. Das vor der Therapie bestimmte
Anti-Müller-Hormon als Parameter für die ovarielle Reserve lag im Durchschnitt bei
2,6µg/l, wobei 3 Patientinnen (19%) bereits vor der Therapie sehr niedrige Werte aufwiesen.
15 (94%) Patientinnen entschieden sich für eine fertilitätsprotektive Maßnahme und
5 für eine Kombination mehrerer Maßnahmen. Eine Stimulationsbehandlung wurde aufgrund
des Zeitaufwands und der Kontraindikationen nicht durchgeführt.
Schlussfolgerung:
Da der Erkrankungsgipfel bei vielen Autoimmunerkrankungen im gebärfähigen Alter liegt
kommt einer Beratung bezüglich Fertilitätserhalt vor einer Cyclophosphamidtherapie
eine wichtige Rolle zu. Da manche Therapieoptionen Einfluss auf die Grunderkrankung
nehmen können, stellt diese Beratung eine interdisziplinäre Herausforderung dar.
Die wenigen existierenden Studiendaten zeigen gerade für die Therapie mit GnRH-Analoga
während einer Cyclophosphamid-Therapie bei Autoimmunerkrankungen eine gute Effektivität
bei der Ovarprotektion Die Kryokonservierung von Ovargewebe stellt aktuell noch ein
experimentelles Vorgehen dar. Gerade bei jungen Patientinnen mit Autoimmunerkrankungen
und sehr guter Langzeitprognose handelt es sich hierbei um eine vielversprechende
Option. Mit einer Therapieverzögerung ist nicht zu rechnen. Das Risiko einer hormonellen
Stimulation zur Kryokonservierung befruchteter oder unbefruchteter Eizellen muss mit
der Patientin besprochen werden. Bei Kollagenosen kann die hochdosierte Hormonzufuhr
zur Stimulation zu einer Verstärkung der Krankheitsaktivität und einem erhöhten Thromboembolierisiko
führen.