Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - M_18
DOI: 10.1055/s-0031-1286435

Leitlinienkonformität bei der Therapie des primären Mammakarzinoms – Relevanter Nutzen für die Patientin?

A Wöckel 1, R Wolters 1, L Schwentner 1, C Kurzeder 1, M Wischnewsky 1, R Kreienberg 1
  • 1Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ulm

Hintergrund:

Die Entwicklung und Implementierung der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms der Frau„ soll die nationale Versorgungssituation optimieren. Diese Leitlinie dient zwar als Grundlage für die Zertifizierung von deutschen Brustzentren sowie für die externe vergleichende Qualitätssicherung anhand von leitlinienbasierten Qualitätsindikatoren, obwohl die Auswirkungen der Implementierung auf patientenrelevante Outcomes bisher nicht untersucht worden.

Methoden:

Die retrospektive Kohortenstudie analysiert Daten, die im Zeitraum 2001–2005 von 3976 Patientinnen mit primärem Mammakarzinom an der Universitätsfrauenklinik Ulm und benachbarten, kooperierenden zertifizierten Brustzentren erhoben wurden. Auf der Grundlage der S3-Leitlinie wurde ein Analysemodell entwickelt, welches eine Überprüfung der Therapie auf Konformität mit den Empfehlungen der Leitlinie ermöglicht. Anschließend wurden die Auswirkungen leitlinienkonformer im Vergleich zu nicht leitlinienkonformer Therapie auf das Gesamt- (OAS) und das rezidivfreie Überleben (RFS) untersucht.

Ergebnisse:

2063 (51,9%) der 3976 Patientinnen wurden vollständig leitliniengerecht behandelt. Bei der Therapie von 1913 (48,1%) Patientinnen wurde in mindestens einem therapeutischen Teilbereich von den Leitlinienempfehlungen abgewichen. Die Variable „leitlinienkonforme Behandlung„ hatte signifikanten Einfluss auf das RFS (p<0,001; HR=2,20; 95%-CI (1,74–2,79)) und das OAS (p<0,001; HR=2,57; 95%-CI (1,96–3,37)) jeweils adjustiert nach Alter, Tumorgröße, Nodalstatus und Grading. Je höher die Anzahl der Abweichungen von den Leitlinienempfehlungen war, desto niedriger war das OAS (1–2 Leilinienverletzungen: p<0,001; HR=2,04; 95%-CI (1,60–2,60);≥3 Leilinienverletzungen: p<0,001; HR=3,64; 95%-CI (2,43–5,45) ebenfalls adjustiert nach Alter, Tumorgröße, Nodalstatus und Grading). Gleiche Ergebnisse konnten für das rezidivfreie Überleben ermittelt werden.

Schlussfolgerung:

Patientinnen mit Mammakarzinom sollten leitlinienkonform behandelt werden. Abweichungen und Barrierefaktoren müssen zukünftig evaluiert werden, um eine weitere Optimierung der Leitlinie und der leitlinienkonformen Therapie zu erzielen.