Gesundheitswesen 2011; 73(10): 660-667
DOI: 10.1055/s-0031-1286278
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zusammenhang zwischen SOPESS-Ergebnissen und ärztlicher Befundbewertung

SOPESS Results and Medical Recommendations for School Beginners
M. Daseking
1   Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen
,
F. Petermann
1   Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen
,
K. Simon
2   Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen
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Publication History

Publication Date:
18 October 2011 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie:

Es sollen Zusammenhänge zwischen den Leistungen von Kindern in einem Entwicklungsscreening (SOPESS) im Rahmen der schulärztlichen Einschulungsuntersuchung und der daraus resultierenden schulärztlichen Befundung geprüft werden.

Methode:

Für 372 Kinder (188 Mädchen, 184 Jungen) werden die Häufigkeitsverteilungen der Variablen SOPESS-Befund und ärztliche Beurteilung in Kreuztabellen dargestellt. Dazu wird das Kontingenzmaß Cramers V berechnet.

Ergebnisse:

In den Bereichen Zahlen- und Mengenvorwissen sowie Körperkoordination unterschieden sich die Häufigkeiten für unauffällige Befunde zwischen Mädchen und Jungen nicht, in allen anderen Bereichen erreichen Mädchen häufiger unauffällige Ergebnisse als Jungen. Im Untertest Aufmerksamkeit stehen 80,4% unauffälliger Ergebnisse der Jungen 85,1% bei den Mädchen gegenüber. Mit Ausnahme des Bereichs Sprechen und Sprache liegen die ärztlichen Befundungen, die auf die Abklärung des Befunds oder die Durchführung einer therapeutischen Maßnahme schließen lassen, überall niedriger als die Häufigkeit auffälliger Ergebnisse im SOPESS. Dies betrifft besonders die Merkmalsbereiche Zahlen- und Mengenvorwissen und Aufmerksamkeit. Hier stehen den 12% (Aufmerksamkeit: 10,2%) auffälligen SOPESS-Leistungen nur 0,5% (Aufmerksamkeit: 2,4%) auf Abklärung oder Therapie bezogene schulärztliche Empfehlungen gegenüber. Insgesamt zeigt sich in allen Merkmalsbereichen eine Zunahme der Dokumentation für Elternberatungen.

Schlussfolgerungen:

Die Befunddokumentation zeigt, dass Maßnahmen und Empfehlungen für die meisten Merkmalsbereiche des SOPESS angemessen zu den Häufigkeitsverteilungen auffälliger und grenzwertiger Screeningergebnisse erfolgen. Für die Bereiche Aufmerksamkeit und Zahlen- und Mengenvorwissen besteht hingegen noch Informationsbedarf.

Abstract

Aim of the Study:

The purpose of this study was to investigate the distribution of results of a developmental screening for school entry and procedures initiated by school doctors.

Method:

Based on achievement in SOPESS of 372 children (188 female, 184 male) and the resulting recommendations of the school doctors , the distribution of frequencies in cross-classified tables was analysed, and Cramer’s V was calculated.

Results:

No sex differences were found in early numeracy and coordination skills. Girls performed more frequently without any problems in the other domains assessed by SOPESS. Recommendations of school doctors referring to clarification of the finding or treatment are lower than the frequencies of critical results in SOPESS. This effect is especially critical in the domains of numeracy and attention. Critical SOPESS achievements in numeracy are found in 12% (attention: 10,2%) of the children, but only 0,5% (attention: 2,4%) are given recommendations for further treatment. An increase of documentation for parent counselling can be observed.

Conclusion:

Documentation of the findings shows that medical recommendations for most domains of SOPESS are in accordance with frequencies of critical screening results. Further information is necessary for the domains of attention and numeracy.

 
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