Zeitschrift für Phytotherapie 2011; 32(6): 275-277
DOI: 10.1055/s-0031-1286027
Praxis
Behandlungsprobleme Text
© Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Obstipation

Karin Kraft

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Publication Date:
25 January 2012 (online)

Klinische Vorbemerkungen

Während die akute Obstipation fast immer organisch bedingt ist, verbirgt sich hinter einer chronischen Obstipation zumeist eine funktionelle Störung (primäre, oder auch habituelle Obstipation). In den Industrieländern leiden darunter ca. 10% der Bevölkerung, Frauen und ältere Menschen sind häufiger betroffen als Männer und jüngere Menschen. Als Ursachen werden faserarme Kost, mangelnde Flüssigkeitsaufnahme, mangelnde Bewegung, Unterdrückung des Defäkationsreizes und die Reduktion der ovariellen und adrenalen Steroidproduktion diskutiert.

Davon abzugrenzen ist die sekundäre chronische Obstipation. Sie kann viele Ursachen haben:

  • situativ, z.B. durch fieberhafte Erkrankungen, Bettlägerigkeit, Ernährungsumstellung oder Schichtarbeit

  • medikamentös, z.B. durch trizyklische Antidepressiva, Antiparkinsonmittel, Opiate

  • organisch, z.B. durch kolorektales Karzinom

  • neurogen, z.B. Spinalläsionen, M. Parkinson, Multiple Sklerose

  • endokrine und metabolische Störungen wie Hypokaliämie, Hyperkalzämie Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz

  • anorektale Ursache, z.B. Fissur, Proktitis

Die funktionelle Obstipation muss entsprechend der Rom-III-Kriterien folgende Merkmale aufweisen:

  • Symptombeginn mindestens 6 Monate vor der Diagnose

  • in den letzten 3 Monaten müssen mindestens 2 der folgenden Kriterien zutreffen:

    • starkes Pressen zur Stuhlentleerung bei mindestens 25% der Defäkationen

    • klumpiger oder harter Stuhl bei mindestens 25% der Defäkationen

    • Gefühl der unvollständigen Entleerung bei mindestens 25% der Defäkationen

    • Gefühl der anorektalen Blockierung bei mindestens 25% der Defäkationen

    • manuelle Unterstützung bei mindestens 25% der Defäkationen

    • weniger als 3 Stuhlentleerungen pro Woche

    • weicher, ungeformter Stuhlgang nur unter Laxanzientherapie

    • ungenügende Kriterien für ein Reizdarmsyndrom

Bei der funktionellen Obstipation lassen sich unterscheiden:

  1. Normal-Transit-Obstipation: Sie ist durch die Symptome erschwerte Entleerung, Blähungen, Bauchschmerzen bzw. abdominelle Missempfindungen, harten Stuhl und eine gastrointestinale Transitzeit (Zeit der Passage durch den Darm) von maximal 5 Tagen charakterisiert. Die Transitzeit lässt sich durch Essen von Roter Bete (harmlose Rotfärbung des Stuhls) bei aufmerksamen Patienten recht genau bestimmen.

  2. Slow-Transit-Obstipation: Hierfür sind die Symptome Völlegefühl, Meteorismus, fehlender spontaner Stuhldrang und eine gastrointestinale Transitzeit von über 5 Tagen typisch. Es sind 20–30% der Menschen über 60 Jahre betroffen, Frauen doppelt so oft wie Männer, die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. Infolge unkontrollierten Laxanziengebrauchs ist die Dunkelziffer hoch.

  3. Anorektale Obstruktion: Hier handelt es sich um eine rektale Entleerungsstörung infolge der Kontraktion des M. sphincter ani externus beim Pressen. Die Patienten leiden unter ständigem Stuhldrang, Gefühl der unvollständigen Entleerung trotz intensivem Pressen und weichem Stuhl.