Z Gastroenterol 2011; 49 - P291
DOI: 10.1055/s-0031-1285562

Entwicklung onkolytischer Sendaiviren für die Virotherapie des Hepatozellulären Karzinoms (HCC)

M Zimmermann 1, S Armeanu 1, S Bossow 2, J Lampe 1, I Smirnow 1, S Lange 1, TS Weiss 3, W Neubert 4, UM Lauer 1, M Bitzer 1
  • 1Medizinische Universitätsklinik, Abteilung Innere Medizin I, Tübingen, Germany
  • 2Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Abteilung Translationale Onkologie, Heidelberg, Germany
  • 3Universitätsklinikum Regensburg, Zentrum für Leberzellforschung, Regensburg, Germany
  • 4Max-Planck-Institut für Biochemie, Abteilung Molekulare Virologie, Martinsried, Germany

Einleitung: Das HCC gehört weltweit zu den häufigsten malignen Tumorerkrankungen. Aufgrund begrenzter Therapiemöglichkeiten bedarf es der Entwicklung innovativer Therapiestrategien wie z.B. der Virotherapie. Der neuartige Wirkmechanismus basiert hierbei auf einer selektiven Virusreplikation onkolytischer Viren in Tumorzellen mit nachfolgender Zellzerstörung.

Ziel: Humane Zellen können durch das murine Parainfluenzavirus Typ I (Sendaivirus, SeV) zwar infiziert werden, es entstehen aber keine infektiösen Nachkommenviren. Ziel war daher die genetische Modifikation der SeV, um eine selektive hochtitrige Vermehrung in humanen Tumorzellen zu ermöglichen. So sollte die Spaltestelle des Fusionsproteins (F) gegen ein durch ubiquitär vorhandene Proteasen spaltbares Sequenzmotiv (Fmut) ausgetauscht werden. Zudem sollte durch das Ausschalten (Knockout) viraler Nichtstrukturproteine erreicht werden, dass z.B. Interferon-induzierte antivirale Abwehrmechanismen durch die resultierenden rSeV nicht mehr antagonisiert werden können und eine Replikation auf Tumorzellen mit Defekten der Virusabwehr beschränkt wird.

Ergebnisse: Durch Mutagenese und Virus Rescue wurden 6 rekombinante SeV-Varianten (rSeV Fmut) hergestellt. In vitro wurden sowohl die Virusausbreitung, Titer entstandener Nachkommenviren als auch Zelltod durch rSeV Fmut-Varianten in Hepatomzelllinien (Hep3B, HuH7, PLC/PRF/5) und nicht-malignen primären

humanen Hepatozyten (PHH) bzw. Fibroblasten (MRC-5) quantifiziert. Alle rSeV Fmut-Varianten konnten ohne künstliche Zugabe von Proteasen hochtitrig in Hepatomzellen propagiert werden (bis 3,2×108 TCID50/105 Zellen). Eine signifikant tumorselektive Replikation wurde für zwei rSeV Fmut-Knockout-Varianten gezeigt; selbst bei einem niedrigen Virus-pro-Zell Verhältnis (MOI 0,01, 0,1) war eine Tumorzelllyse zu beobachten. Auch in vivo konnte im PLC/PRF/5 Xenograft-Modell eine tumorselektive Ausbreitung der rSeV Fmut-Knockout Viren bestätigt werden.

Schlussfolgerung: Durch genetische Modifikationen wurden neuartige SeV hergestellt, die selektiv in Tumorzellen in vitro und in Tumoren eines HCC-Xenograft Modells in vivo replizieren. Das Potenzial rekombinanter SeV für virotherapeutische Ansätze in der gastroenterologischen Onkologie wird in weiteren präklinischen Modellen evaluiert.