Z Gastroenterol 2011; 49 - P270
DOI: 10.1055/s-0031-1285541

Tücken der Diagnosestellung und Therapie einer CMV-Colitis bei einem 30-jährigen HIV-positiven Patienten

J Walldorf 1, T Seufferlein 1, C Lübbert 1
  • 1Universitätsklinikum Halle, Klinik für Innere Medizin I, Halle, Germany

Falldarstellung: Ein 30-jähriger Mann stellte sich mit akuter blutiger Diarrhoe und Fieber in einem auswärtigen Krankenhaus vor. Koloskopisch zeigte sich eine ulceröse Colitis. Nach einwöchiger Prednisolon-Stoßtherapie war keine klinische Besserung erkennbar. Die Therapie wurde um Ciclosporin A i.v. intensiviert. Zwischenzeitlich wurde bei dem homosexuell orientierten Mann eine HIV-Infektion im Stadium C2 nach CDC (1993) diagnostiziert (CD4+-T-Lymphozyten 270/µl, hohe HI-Viruslast). Weiter wurden Zeichen einer CMV-Erkrankung (CMV-PCR im EDTA-Blut pos.) festgestellt. Nach Absetzen von Prednisolon und Ciclosporin A führte eine Therapie mit Ganciclovir i.v. zu einer wesentlichen Besserung. Eine HAART mit Tenofovir, Emtricitabin und Efavirenz wurde initiiert. Die CD4+-T-Helfer-Zahl normalisierte sich rasch. Im rekonstitutionellen Verlauf kam es erneut zu blutiger Diarrhoe. Der Patient wurde in unsere Klinik verlegt. Koloskopisch zeigte sich eine schwere ulceröse Colitis mit entzündlicher Sigmastenose. CMV-PCR in situ und CMV-pp65-early-Ag im Darmgewebe waren positiv, CMV-PCR im EDTA-Blut negativ. Ausgehend von einem Rezidiv einer CMV-Colitis behandelten wir mit Ganciclovir i.v. Der ausbleibende Therapieeffekt legte eine Rekonstitutionscolitis als Diagnose nahe. Die zusätzliche Gabe von Prednisolon führte zu einer wesentlichen Besserung der Beschwerden. Seit 1 Jahr ist der Patient unter suffizienter HAART beschwerdefrei, die Stuhlfrequenz beträgt 3–4/Tag ohne Blutbeimengungen. Koloskopisch zeigen sich ausgeprägte narbige Veränderungen mit vielen Pseudopolypen ohne Nachweis einer Stenose. Histologisch besteht eine abklingende ulceröse Colitis mit geringer entzündlicher Aktivität. Die CMV-PCR in situ im Kolon ist weiterhin positiv, CMV-pp65-early-Ag negativ.

Schlussfolgerung: Der endoskopische und histologische Befund einer ulcerösen Colitis allein kann die Diagnose einer Colitis ulcerosa nicht ausreichend sichern. Gerade bei immunsupprimierten Patienten ist differenzialdiagnostisch an eine CMV-Colitis zu denken, deren Diagnosestellung u.U. nur durch Nachweis einer CMV-Replikation in situ möglich ist. Bei Normalisierung des Immunstatus muss, insbesondere bei HIV-Patienten nach Einleitung einer HAART, auch eine Rekonstitutionscolitis in Betracht gezogen werden.