Suchttherapie 2011; 12 - PO57
DOI: 10.1055/s-0031-1284706

Onlineglücksspiele bei Kindern und Jugendlichen – Prävalenz und assoziierte psychische Merkmale

S Giralt 1, K Wölfling 1, KW Müller 1, E Duven 1, ME Beutel 1
  • 1Ambulanz für Spielsucht, Klinik für Psychosomatische Medizin, Universitätsmedizin Mainz, Mainz

Die exzessive Internetnutzung oder Internetsucht hat bislang noch keinen Eingang als eigenständiges Störungsbild in die Klassifikationssysteme psychischer Störungen (ICD–10 und DSM-IV-TR) gefunden. Demgegenüber zeigt die klinische Praxis, dass Internetsucht bei Patienten in Form von verschiedenen exzessiv ausgeübten Verhaltensroutinen nicht selten auftritt. Dazu zählen unter anderem die ständige, über das Normale hinaus gehende Präsenz in Social Networks, die exzessive Suche nach pornographischem Material, unkontrolliertes Online-Kaufverhalten und vor allem die exzessive Nutzung von Glücks- oder (Online-) Computerspielen (Bathyany et al., 2009). Ergebnisse verschiedener nationaler wie internationaler Studien zeigen, dass 3–7% der regelmäßigen Internetnutzer als missbräuchlich nutzend oder sogar onlinesüchtig zu klassifizieren sind. Auch aus Fallzahlen der deutschen Suchthilfestatistik (vgl. Wessel et al., 2009) lässt sich ablesen, dass vor allem männliche Jugendliche und junge Erwachsene von den Folgen dieses exzessiven Verhaltens betroffen sind.

Auf Basis einer im Jahr 2010 in Deutschland befragten repräsentativen Stichprobe konnte festgestellt werden, dass ein signifikanter Anteil von minderjährigen und gerade volljährig gewordenen Schülerinnen und Schülern (Alter: 12–18J.) illegal im Internet Glücksspiele und Spiele um Geld nutzt. Dabei wurde außerdem eine erhöhte Delinquenz bei den das Glücksspiel nutzenden Schülerinnen und Schülern deutlich. Neben den typischen Suchtkriterien wie Entzugserscheinungen, chasing, emotionsregulativen Aspekten und erfolglosen Abstinenzversuchen wurde im Zusammenhang mit dem Online-Glücksspiel eine allgemein verminderte Kompetenzerwartung und erhöhte soziale Unsicherheit gefunden. Relativ viele der Kinder und Jugendlichen haben bereits Erfahrungen mit klassichen Glücksspielen und leiden an glücksspielbezogenen Problemen wie Konflikten mit Angehörigen und in der Schule sowie Leistungs- und finanziellen Einbußen.

Literatur: Batthyány, D., Müller, K. W., Benker, F. & Wölfling, K. (2009). Computerspielverhalten – Klinische Merkmale von Abhängigkeit und Missbrauch bei Jugendlichen. Wiener Klinische Wochenschrift, 121, 502-509. Wessel, T., Müller, K.W. & Wölfling, K. (2009). Computerspielsucht: Erste Fallzahlen aus der Suchtkrankenhilfe. In Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) (Hrsg.): DHS Jahrbuch Sucht 2009. Geesthacht: Neuland. 153-158.