Suchttherapie 2011; 12 - PO33
DOI: 10.1055/s-0031-1284683

Erfahrene soziale Diskriminierung bei Opiatabhängigen spiegelt sich in der Neurochemie des anterioren cingulären Cortex wider

U Frischknecht 1, D Hermann 1, M Hoerst 1, F Kiefer 1, K Mann 1, G Ende 1
  • 1Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Hintergrund: Diskriminierung und Stigmatisierung Drogenabhängiger wird häufig als Hindernis für gesundheitsförderndes Verhalten diskutiert. Wie dies neurobiologisch zu erklären ist, ist unklar. In den experimentellen Neurowissenschaften konnte gezeigt werden, dass sozialer Ausschluss als eine Form von Stigmatisierung im anterioren cingulären Cortex (ACC) verarbeitet wird. Eine chronische Form des sozialen Ausschlusses, die einen Aspekt sozialer Stigmatisierung darstellt, könnte daher mit veränderter neuronaler Plastizität bei Drogenabhängigen einhergehen und sich in verändertem Neurometabolismus niederschlagen und somit andere Funktionen beeinträchtigen, die für gesundheitsrelevantes Verhalten notwendig sind.

Methode: Fünfzehn Opiatabhängige die sich in Substitutionstherapie befinden wurden mittels Magnetresonanzspektroskopie (MRS) untersucht. Die beobachteten Metabolitkonzentration wurden mit der selbstberichteten Stigmatisierung assoziiert.

Ergebnisse: Diskriminierungserfahrung korrelierte negativ mit N-Acetylaspartat (NAA) und deutet auf eine verminderte neuronale Funktionalität des ACC bei Patienten hin, die viel Diskriminierungserleben berichteten. Weiterhin hing wahrgenommene Stigmatisierung mit Ängstlichkeit und Depressivität zusammen, welche wiederum auf dem Trendlevel mit NAA assoziiert waren.

Diskussion: Die Beziehung zwischen NAA im ACC und Diskriminierungserleben deutet auf eine Dysfunktion des neuronalen Systems hin, das an der kognitiven Kontrolle über emotional relevante Stimuli beteiligt ist. Dies könnte die Aufrechterhaltung gesundheitsrelevanten Verhaltens beeinträchtigen. Da das Querschnittsdesign der Untersuchung keine Schlüsse über kausale Beziehungen zulässt und in unserer Untersuchung gesundheitsrelevantes Verhalten nicht miterfasst wurde, sind weitere Untersuchungen wünschenswert.