Suchttherapie 2011; 12 - PO16
DOI: 10.1055/s-0031-1284666

Modellprojekt Arbeits- und Belastungserprobung für Langzeitarbeitslose mit chronischem Alkoholabusus – Multiprofessionelle Diagnostik, Therapie und Arbeitsmarktintegration in einem trägerübergreifenden regionalen Netzwerk

C Stiller 1, S Tessendorf 2, Y Stahlkopf 2, J Niemann 1, JM Langosch 1
  • 1Ev. Krankenhaus Bethanien, Fachklinik Gristower Wiek, Mesekenhagen, OT Gristow
  • 2Evangelisches Krankenhaus Bethanien gGmbH, Greifswald

Ziele: Die Arbeits- und Belastungserprobung ist ein Modellprojekt im Landkreis Ostvorpommern mit dem Ziel, die Arbeitsmarktintegration von multimorbiden alkoholkranken Menschen zu verbessern. Dazu soll frühzeitig die Motivation, berufliche Belastbarkeit, Eignung und Neigung abgeklärt werden, um die berufliche Wiedereingliederung zu beschleunigen. Vorgehen: Das Projekt besteht aus drei aufeinander aufbauenden Modulen. Die Vorbereitung erfolgt ambulant durch Suchttherapeuten, Psychologen und Casemanager der Sozialagentur. Die stationäre Erstellung eines Leistungsprofils erfolgt multiprofessionell: Neben der fachärztlichen Erhebung eines psychiatrischen und somatischen Status wird eine differenzierte psychologische Diagnostik der kognitiven Leistungsfähigkeit und Psychopathologie sowie eine Fähigkeitsanalyse im Bereich der Arbeitsleistungen durchgeführt. Unter anderem werden folgende Testverfahren angewendet: TAP, VLMT, LPS, Mini-DIPS, SKID-II. Die Erfassung und der Abgleich des Fähigkeitsprofils des Betroffenen mit dem Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes erfolgt im Rahmen der praktischen Erprobung mit Hilfe strukturierter Merkmalskataloge (MELBA und IDA). In multidisziplinären Konferenzen werden Fähigkeits-/Defizitanalysen und Integrationsplanungen durchgeführt. Nach Abschluss der Arbeitserprobung werden die Teilnehmer beruflich integriert. Ergebnisse: Von 111 Teilnehmern der Diagnostikphase begannen 2008/09 77 Teilnehmer die Integrationsmaßnahme, 34 von ihnen konnten (teils mit Förderung) in den ersten und zweiten Arbeitsmarkt integriert werden, 3 Teilnehmer stellten einen Rentenantrag und 14 Teilnehmer absolvierten erfolgreich im Anschluss eine Langzeittherapie. Schlussfolgerung: Das Projekt ermöglicht den effizienten Einsatz kommunaler finanzieller Ressourcen. Es ergab eine Besserung der Abstinenzprognose, der Arbeits- und Leistungsfähigkeit, die nachhaltig verbessert blieben.

Literatur: Bohrke-Petrovic, S., Göckler, R., Grathwol, U., Kleffner-Zimmermann, A., Monzer, M., Poetzsch, J., Reis, C., Schulz, A., Schuppke, M., Siebert, J. (2007). Interaktion zur Integration Ein praxisorientierter Leitfaden zur Beratung im SGB II. In Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.), Interaktion zur Integration Ein praxisorientierter Leitfaden zur Beratung im SGB II (S. 9-248). Bautzen: Lausitzer Druck- und Verlagshaus GmbH. Brehm, S.S., Kassin, S.M., Fein, S. (1999). Social Psychology. Boston, New York: Houghton Mifflin Company. Henkel, D. (2008). Stand der internationalen Forschung zur Prävalenz von Substanzproblemen bei Arbeitslosen und zur Arbeitslosigkeit als Risikofaktor für die Entwicklung von Substanzproblemen: Alkohol, Tabak, Medikamente, Drogen. In D. Henkel & U. Zemlin (Hrsg.), Arbeitslosigkeit und Sucht (S. 10-69). Frankfurt am Main: Fachhochschulverlag. Hollederer, A. (2008). Fallmanagement als „neuer Weg in der Beschäftigungsförderung“: Auch ein Weg aus Sucht und Arbeitslosigkeit?. In D. Henkel & U. Zemlin (Hrsg.), Arbeitslosigkeit und Sucht (S. 189-213). Frankfurt am Main: Fachhochschulverlag. Kuhnert, P., Deutschmann, A. & Kastner, M. (2008). Gesundheitsförderung für Arbeitslose mit Suchtproblemen: Kritische Bestandsaufnahme und Perspektiven. In D. Henkel & U. Zemlin (Hrsg.), Arbeitslosigkeit und Sucht (S. 127-162). Frankfurt am Main: Fachhochschulverlag. Löffler, S., Gerlich, C., Lukasczik, M., Wolf, H.-D., Neuderth, S. (2011). Praxishandbuch: Arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation. In Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Praxishandbuch: Arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation (S. 9-272). Holzminden: Color-Druck GmbH. Riggio, R.E. (2002). Introduction to Industrial/Organizational Psychology. Upper Saddle River, NJ: Prentice-Hall. Ulich, E. (2005). Arbeitspsychologie. Zürich: vdf Hochschulverlag & Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Zemlin, U., Bornhak, C. & Nickl, A. (2008). Maßnahmen zur Förderung beruflicher Reintegration arbeitsloser Alkohol- und Medikamentenabhängiger sowie zur Überwindung der Schnittstelle zwischen Suchtrehabilitation, Arbeitsmarkt und Arbeitsverwaltung. In D. Henkel & U. Zemlin (Hrsg.), Arbeitslosigkeit und Sucht (S. 316-337). Frankfurt am Main: Fachhochschulverlag.