Suchttherapie 2011; 12 - PO03
DOI: 10.1055/s-0031-1284655

Pathologisches Spielen: Impulskontrollstörung oder Sucht?

M Musalek 1
  • 1Anton Proksch Institut, Wien, Österreich

In den ICD–10 findet sich das pathologische Spielen in der Diagnoseklasse F63: Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle. Dabei handelt es sich um eine Restklasse der Restklasse, der auch andere, wenig mit ihr gemein habende Störungen, wie z.B. die Pyromanie, die Kleptomanie und die Trichotillomanie zugerechnet werden. Psychopathologische Analysen sowie klinische Erfahrungen zeigen, dass es sich beim pathologischen Spielen um eine weit über eine Impulskontrollstörung hinausreichende Erkrankung handelt; viele der an ihr leidenden Menschen weisen alle Zeichen einer Abhängigkeitsstörung auf. Es wird daher vorgeschlagen das pathologische Spielen und Wetten in den ICD–11 den Abhängigkeitserkrankungen zuzuordnen und nach folgenden Kriterien zu diagnostizieren: 1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang zu spielen bzw. zu wetten. 2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Dauer des Spielens bzw. Wettens. 3. Auftreten eines Entzugssyndroms bei Beendigung oder Reduktion des Spielens bzw. Wettens, nachgewiesen durch suchtspezifische Entzugssymptome oder durch die Aufnahme der gleichen oder einer nahe verwandten Tätigkeit, um Entzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden. 4. Nachweis einer Toleranz. um die ursprünglich durch niedrige Dosen erreichten Wirkungen des Spielens bzw. Wettens hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich (ein Beispiel hierfür sind die steigenden „Tagesdosen“ von Spielern, die bei Konsumenten ohne Toleranzentwicklung schon zu einem Aufhören wegen schwerer Beeinträchtigungen, wie z.B. psycho-soziale, finanzielle oder Beziehungsprobleme, führen würden). 5. Vernachlässigung von Interessen zugunsten des Spielens, erhöhter Zeitaufwand, um zu spielen bzw. zu wetten, bzw. entsprechende finanzielle Mittel zu beschaffen, oder sich von den Folgen zu erholen. 6. Anhaltendes Spielen bzw. Wetten trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen, wie z.B. finanzieller Schädigung durch exzessives Spielen.