Suchttherapie 2011; 12 - S33_3
DOI: 10.1055/s-0031-1284619

Elterliche psychische Störungen und das Risiko für Cannabiskonsum und Cannabisstörungen der Kinder – Sind konsumbezogene Risiken der Kinder putative vermittelnde Faktoren?

S Behrendt 1, G Bühringer 1, R Lieb 2, HU Wittchen 1
  • 1Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Dresden
  • 2Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitspsychologie, Basel, Schweiz

Hintergrund: Kinder von Eltern mit Substanz- und anderen psychischen Störungen haben ein erhöhtes Risiko für Substanzstörungen. Die Rolle spezifischer elterlicher psychischer Störungen für Cannabiskonsum (CK) und Cannabisstörungen (CS) der Kinder sowie putative vermittelnde Mechanismen sind jedoch kaum erforscht. Ziel: Zu untersuchen ob 1) elterliche affektive Störungen, Substanz- und Angststörungen mit einem erhöhten Risiko für CK und CS der Kinder verbunden sind und 2) konsumbezogene Verhaltens- und Umfeldrisiken der Kinder (z.B. früher regelmäßiger Alkoholkonsum, Drogenverfügbarkeit) für diese Assoziation eine Rolle spielen. Methode: Epidemiologische Langzeitstudie mit N=3021 Teilnehmern zur Basiserhebung (T0; Alter 14–24 Jahre) und bis zu 3 Folgeerhebungen (T1-T3; Alter zu T3: 21–34 Jahre). CK und CS wurden mit dem DIA-X/M-CIDI erhoben. Es wurde für diese Untersuchung für N=3021 der kumulative Lebenszeitstatus bis zur letzten Erhebung verwendet. Für elterliche Diagnosen wurden direkte (T1, T3) und indirekte (T0-T3) Informationen kombiniert. Resultate: Mütterliche depressive Störungen waren mit erhöhtem Risiko für CK, mütterliche Substanzabhängigkeit war mit einem erhöhten Risiko für Cannabisabhängigkeit der Kinder verbunden. Väterliche Alkoholabhängigkeit war mit erhöhtem Risiko für CK und CS der Kinder assoziiert (auch nach Kontrollierung anderer mütterlicher bzw. väterlicher Störungen). Es gab keine Hinweise auf einen vermittelnden Einfluss konsumbezogener Risiken. Diskussion: Kinder von substanzabhängigen Eltern sind eine Risikogruppe für Cannabisabhängigkeit. Väterliche Alkoholabhängigkeit ist ein potentieller Risikofaktor für CK und CS. Die Ergebnisse zur Rolle konsumbezogener Risiken werfen für zukünftige Forschung die Frage nach den vermittelnden Mechanismen in den beobachteten Assoziationen auf. Mütterliche depressive Störungen und elterliche Substanzstörungen verdienen Beachtung in familienbasierten Interventionen für CK und CS.