Alle größeren Behandlungsstudien mit Drogenabhängigen–ob in Australien („ATOS“), Großbritannien
(„NTORS“), Irland („ROSIE“) oder den USA („DATOS“)–demonstrieren, dass multipler Substanzkonsum
der Regelfall unter den Behandelten ist. Die in diesen Studien herangezogenen Erfolgskriterien
beziehen sich aber oftmals nur auf eine oder einige wenige Substanzen. Vor allem aber
bleibt in der Regel ungeklärt, welche Substanzkombinationen in welcher Häufigkeit
vorkommen, welchen Prädiktionswert diese für den Behandlungserfolg besitzen und welche
Substanzkombinationen nach der Behandlung fortbestehen. Seit einiger Zeit wird in
Publikationen auf diesen Missstand hingewiesen (z.B. Berchtold, Akré, Jeannin, Michaud,
& Suris 2011; Rounsaville, Petry & Carroll 2003; Strain, 2003). Zur empirischen Klärung
der zuvor genannten Fragen wurden anhand einer Stichprobe von 113 langjährig Drogenabhängigen
der Frankfurter „Drogenszene“ die Häufigkeit des Konsums von 14 verschiedenen psychotropen
Substanzen, die Substanzmengen und -kombinationen sowie die Veränderung der Konsummuster
nach Teilnahme am Konsumreduktionsprogramm „KISS“ (=Kompetenz im selbstbestimmten
Substanzkonsum) analysiert. Die Ergebnisse machen deutlich, dass selbst in einer Kohorte
relativ homogen erscheinender „SzenekonsumentInnen“ äußerst unterschiedliche Muster
konsumierter Substanzen existieren und auch die Konsummengen, die in den Drogenkonsum
investierten Geldausgaben sowie die erwünschten Konsumänderungen (kein Änderungswunsch/reduzierter
Konsum/Abstinenz) erheblich variieren. Zudem sind die einzelnen Konsummuster unterschiedlich
prädiktiv für den Behandlungserfolg. Konsequenzen für eine differenziertere Konsumdiagnostik
und Behandlungsplanung werden aufgezeigt.
Literatur: Berchtold, A., Akré, C., Jeannin, A., Michaud, P.-A. & Suris, J.-C. (2011). First
consumption ever of multiple substances: Applying an expert-based taxonomy to a Swiss
national sample of adolescents. Addictive Behaviors, 36, 68–72. Rounsaville, B., Petry,
N. & Carroll, K. (2003). Single versus multiple drug focus in substance abuse clinical
trials research. Drug and Alcohol Dependence, 70, 117-125. Strain, E.C. (2003). Single
versus multiple drug focus in substance abuse clinical trials research: The devil
is in the details. Drug and Alcohol Dependence, 70, 131-134
Drogenabhängige - Konsumreduktionsprogramm - Multipler Substanzkonsum