Suchttherapie 2011; 12 - S17_4
DOI: 10.1055/s-0031-1284559

Sucht und geistige Behinderung in NRW – Erste Ergebnisse einer Befragung von Sucht- und Behindertenhilfeeinrichtungen

M Hörning 1, M Kretschmann-Weelink 2
  • 1Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Paderborn, Paderborn
  • 2AWO UB Ennepe-Ruhr, Münster

Abhängigkeit bei Menschen mit einer geistigen Behinderung war lange Zeit kein Thema in der Behinderten- und Suchthilfe. Zu vermuten ist nun jedoch, dass im Rahmen der zunehmenden Ambulantisierung und der damit gestiegenen Bedeutung weniger betreuter Wohnformen, durch unzureichend entwickelte kommunikative Kompetenzen und aufgrund von häufig eingeschränkten Kulturtechniken Menschen mit einer geistigen Behinderung ein überdurchschnittlich hohes Risiko für die Entwicklung einer Abhängigkeit aufweisen.

Ziele: Im Modellprojekt "Sucht und geistige Behinderung" soll ermittelt werden, wie häufig Menschen mit einer geistigen Behinderung Suchtmittel konsumieren, welche Suchtmittel sie konsumieren und wie groß der Bedarf an Prävention, Beratung und Therapie für diese Zielgruppe ist.

Methodik: 10 Wochen lang haben Mitarbeiter von Sucht- und Behindertenhilfeeinrichtungen in NRW die Möglichkeit, einen online-Fragebogen zu beantworten. Darüber hinaus werden mit mindestens 50 Menschen mit geistiger Behinderung zu ihren Konsumgewohnheiten und mit 20 Mitarbeitern von Suchthilfeeinrichtungen zur Einschätzung der Problematik von Abhängigkeit bei dieser Zielgruppe Interviews geführt.

Ergebnisse: Im Rahmen dieses Kongresses wird über die Ergebnisse der quantitativen Teilstudie berichtet. Es wird erwartet, dass am Ende der Datenerhebung Ende März über 1.000 Mitarbeiter von Behinderten- und Suchthilfeeinrichtungen den Fragebogen beantwortet haben. Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass viele Behindertenhilfe-Einrichtungen über missbräuchlich oder abhängig konsumierende Menschen mit geistiger Behinderung berichten, für die kaum angemessene Beratungs- und Behandlungangebote bestehen. Als besonders problematisch werden der Konsum von Alkohol und verschiedene Verhaltenssüchte beurteilt. Einrichtungen der Suchthilfe scheinen nur vereinzelt gesonderte Angebote für Menschen mit einer geistigen Behinderung zu machen, diese Zielgruppe wird offensichtlich unzureichend versorgt.