Suchttherapie 2011; 12 - S10_4
DOI: 10.1055/s-0031-1284530

Anmerkungen und Kommentare zur Suchtdefinition, zur Messfehlerproblematik, zur Ressourcenerfassung, zum SORK Modell und zur Suchttherapie

H Küfner 1
  • 1IFT Institut für Therapieforschung, München

Die gegenwärtige Diskussion der Suchtdefinition bezieht sich auf die Aufhebung der Unterscheidung von Missbrauch und Abhängigkeit in der DSM-V gestützt durch faktorenanalytische Befunde. Eine Alternative dazu ist die Entwicklung funktionaler Modelle des Suchtverhaltens mit Einbeziehung der fast tabuisierten positiven Drogenwirkungen. Die banale Tatsache, dass jede Messung mit einem Messfehler behaftet ist, wird epidemiologisch auf die Stichprobenabhängigkeit beschränkt und messtheoretisch in der probabilistischen Messtheorie auf die Messgenauigkeit eingeengt. Die aus der klassischen Messtheorie stammenden Begriffe Interrater- und Retest-Reliabilität sind zwar bekannt, finden aber bislang keine Berücksichtigung und führen zu einer Überschätzung von Änderungsraten wie z.B. der so genannten Spontanremission.

Bei der Erfassung personaler Ressourcen zeigte sich die Problematik von Interviewer- bzw. von Therapeutenbeurteilungen im Vergleich zur Selbstbeurteilung. Klienten bzw. Patienten beurteilen sich hinsichtlich Ressourcen objektiver als Therapeuten, worauf Ergebnissen mit dem PREDI hinweisen.

Das SORK Modell hat sich als ein heuristisches Modell trotz verschiedener Kritik behauptet, ist aber systemwissenschaftlich und praktisch gesehen problematisch, weil es als Verhaltensmodell unklare Komponenten enthält und das meiste, was eine Person ausmacht, schlicht ausklammert.

Psychotherapie bedeutet im Vergleich zur Pharmakotherapie Feinjustierung des Verhaltens. Deshalb sollte ein psychosozialer Therapieansatz nicht nur störungsspezifisch, sondern im gleichen Maße auch individuell ausgerichtet sein. Methodisch betrachtet reichen Mittelwertsveränderungen nicht aus, um den Effekt einer Therapie zu bestimmen, sondern die Häufigkeit individueller Veränderungen ist entscheidend. Inhaltlich gesehen sind die Wirkfaktoren von Grawe ein bislang ungenutztes Modell zur Analyse der Wirksamkeit psychosozialer Therapieansätze im Suchtbereich.