Ergebnisse einer relativ jungen Forschung aus den letzten zwei Jahrzehnten (Brown
1994, Giakonia et al. 2000, Schäfer et al. 2002, Langeland 2002, Driessen et al. 2008)
zeigen eine hohe Rate an Traumatisierungen und posttraumatischen Belastungsstörungen
bei Suchtkranken. Dabei weisen Drogenabhängige incl. des Opiattypus mit 34% die höchste
Rate an comorbider PTSD auf. Seit fast 10 Jahren werden im Asklepios Fachklinikum
Göttingen Drogenabhängige unter Substitutionsbedingungen integrativ behandelt. Die
Behandlung gliedert sich in drei Behandlungsphasen:
Phase I: Traumasensibilisierung – Suchtstabilisierung
In dieser Phase (14 Tage) wird neben der Suchtbehandlung, die bei Alkoholkranken eine
Alkoholentgiftung, bei Patienten mit Drogenerkrankungen eine Entgiftung von Nebenkonsum
sowie Ein- und Umstellung auf ein Substitut beinhaltet, eine psychologische Diagnostik
der komorbiden Störungen, insbesondere der Traumafolgestörungen durchgeführt. Es wird
ein individuelles Krankheitskonzept erstellt.
Phase II: Traumastabilisierung – Suchtstabilisierung.
In dieser Phase werden Behandlungsmethoden zur Emotions- und Spannungsregulation (Verhinderung
von Kontrollverlusten, Suchtmittelrückfällen, traumabedingten Überflutungszuständen)
vermittelt. Angewandt werden neben dialektisch-behavioral orientierter Therapie und
Skillstraining, ressourcenorientierte hypnotherapeutische Techniken und imaginative
Verfahren.
Phase III: Traumasynthese.
Eine sehr gut untersuchte Methode zur Traumasynthesebehandlung ist das EMDR (Eye Movement
Desensitization and Reprocessing). EMDR hat sich auch unter Substitutionsbedingungen
als wirksam erwiesen (Jacobs, Schmidt, Lüdecke 2009)Fazit: Eine integrative Behandlung
kann Besserung beider Störungen bewirken. Dabei müssen Drogenpatienten weder abstinent
sein noch ihre Drogenabhängigkeit unter Ausschluss der Traumafolgestörungen bereits
behandelt haben.
Literatur: Brown PJ, Wolfe J (1994). Substance abuse and posttraumatic stress disorder comorbidity.
Drug and Alkohol Dependence; 35: 51-59. Driessen M, Schulte S, Lüdecke C (2008). Trauma
and PTSD in patients with alcohol, drug or dual dependence: A multi-center study alcoholism:
Clinical an Experimental Researach; 32 (3),: 481-488. Giaconia RM, Reinherz HZ, Hauf
AC, Paradis AD, Wassermann MS, Langhammer DM (2000). Comorbidity of substance use
and post-traumatic stress disorder in a community sample of adolescents. American
J. Orthopsychiatry; 70: 253-262. Christel Lüdecke, Ulrich Sachsse, Hendrik Faure:
Sucht – Bindung – Trauma. Stuttgart: Schattauer Verlag 2010 Ulrich Sachsse: Traumazentrierte
Psychotherapie. Stuttgart: Schattauer Verlag 2004 Stefan Jacobs (Hrsg.): Neurowissenschaften
und Traumatherapie. Grundlagen und Behandlungskonzepte. Göttingen 2009