Suchttherapie 2011; 12 - S9_2
DOI: 10.1055/s-0031-1284523

Sucht und Traumafolgestörungen–Diagnostik und Behandlung

C Lüdecke 1
  • 1Asklepios Psychiatrie Niedersachsen GmbH, Göttingen

Ergebnisse einer relativ jungen Forschung aus den letzten zwei Jahrzehnten (Brown 1994, Giakonia et al. 2000, Schäfer et al. 2002, Langeland 2002, Driessen et al. 2008) zeigen eine hohe Rate an Traumatisierungen und posttraumatischen Belastungsstörungen bei Suchtkranken. Dabei weisen Drogenabhängige incl. des Opiattypus mit 34% die höchste Rate an comorbider PTSD auf. Seit fast 10 Jahren werden im Asklepios Fachklinikum Göttingen Drogenabhängige unter Substitutionsbedingungen integrativ behandelt. Die Behandlung gliedert sich in drei Behandlungsphasen:

Phase I: Traumasensibilisierung – Suchtstabilisierung

In dieser Phase (14 Tage) wird neben der Suchtbehandlung, die bei Alkoholkranken eine Alkoholentgiftung, bei Patienten mit Drogenerkrankungen eine Entgiftung von Nebenkonsum sowie Ein- und Umstellung auf ein Substitut beinhaltet, eine psychologische Diagnostik der komorbiden Störungen, insbesondere der Traumafolgestörungen durchgeführt. Es wird ein individuelles Krankheitskonzept erstellt.

Phase II: Traumastabilisierung – Suchtstabilisierung.

In dieser Phase werden Behandlungsmethoden zur Emotions- und Spannungsregulation (Verhinderung von Kontrollverlusten, Suchtmittelrückfällen, traumabedingten Überflutungszuständen) vermittelt. Angewandt werden neben dialektisch-behavioral orientierter Therapie und Skillstraining, ressourcenorientierte hypnotherapeutische Techniken und imaginative Verfahren.

Phase III: Traumasynthese.

Eine sehr gut untersuchte Methode zur Traumasynthesebehandlung ist das EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing). EMDR hat sich auch unter Substitutionsbedingungen als wirksam erwiesen (Jacobs, Schmidt, Lüdecke 2009)Fazit: Eine integrative Behandlung kann Besserung beider Störungen bewirken. Dabei müssen Drogenpatienten weder abstinent sein noch ihre Drogenabhängigkeit unter Ausschluss der Traumafolgestörungen bereits behandelt haben.

Literatur: Brown PJ, Wolfe J (1994). Substance abuse and posttraumatic stress disorder comorbidity. Drug and Alkohol Dependence; 35: 51-59. Driessen M, Schulte S, Lüdecke C (2008). Trauma and PTSD in patients with alcohol, drug or dual dependence: A multi-center study alcoholism: Clinical an Experimental Researach; 32 (3),: 481-488. Giaconia RM, Reinherz HZ, Hauf AC, Paradis AD, Wassermann MS, Langhammer DM (2000). Comorbidity of substance use and post-traumatic stress disorder in a community sample of adolescents. American J. Orthopsychiatry; 70: 253-262. Christel Lüdecke, Ulrich Sachsse, Hendrik Faure: Sucht – Bindung – Trauma. Stuttgart: Schattauer Verlag 2010 Ulrich Sachsse: Traumazentrierte Psychotherapie. Stuttgart: Schattauer Verlag 2004 Stefan Jacobs (Hrsg.): Neurowissenschaften und Traumatherapie. Grundlagen und Behandlungskonzepte. Göttingen 2009