Suchttherapie 2011; 12 - S7_1
DOI: 10.1055/s-0031-1284514

Das Cinematherapieprogramm des Anton Proksch Instituts

M Poltrum 1
  • 1Anton Proksch Institut, Wien, Österreich

Ziele / Fragestellung: Unter dem Code „Cinematherapy“ gibt es seit einiger Zeit Bemühungen, die Wirkung von Filmen in unterschiedlichsten therapeutischen Settings zu erproben. Die Pioniere der Filmtherapie – Hesley und Hesley (1998) – argumentieren, dass Filme dann therapeutisch wirken, wenn die Aufmerksamkeit während der Filmbetrachtung auf die Entwicklung der Protagonisten gelenkt wird, Identifikationsprozesse angeschaut und neue, durch den Film gewonnene Ideen und Perspektiven ausgetauscht werden. In einer im Anton Proksch Institut durchgeführten Pilotstudie wurden die Einsetzbarkeit und der Einfluss der Filmtherapie in der stationären Behandlung bei Abhängigkeitserkrankungen untersucht. Erkenntnis leitend war die Fragestellung, inwiefern sich über Filme Hoffnung auf eine gelingende Lebensveränderung induzieren und damit eine salutogenetische Wirkung erzielen lässt.

Methode: Mittels qualitativer Methoden, phänomenologischer und tiefenhermeneutischer Analyse bzw. deskriptiver Evaluation wurde und wird die klinische Wirkung filmtherapeutischer Interventionen untersucht: Von 100 Patienten, die im untersuchten Zeitraum von zwei Monaten mindestens einen Film sahen, haben sich 33 Personen durch einen Fragebogen an der Evaluation unserer Pilotstudie beteiligt.

Ergebnisse: Es ließ sich beobachten, dass die gezeigten Filme eine emotionale Werterschließung leisten und generell einen sehr starken Einfluss auf die Affektlage ausüben. Nach dem Film bzw. der Filmnachbesprechung herrschte bei der Mehrheit der Teilnehmer eine positive Stimmung und euthyme Gemütsverfassung. Vor allem in der Nachbesprechung hat sich gezeigt, dass mittels gezielter Figuren-, Beziehungs-, Situations- und Motivanalyse viele fruchtbringende Diskussionen zustande kamen. Filme, die sich explizit auch des Mediums Musik bedienen zeigten in der Nachbesprechung, wenn einzelne Musiksequenzen erneut gezeigt und besprochen wurden, die extreme Berührbarkeit unserer Patienten durch dieses Medium.

Literatur: M. Poltrum, Existenzanalytische Kinotherapie. Filme als Balsam der Seele, in: Wiener Zeitschrift für Suchtforschung. Rausch, Kultur, Ekstase, Hg. v. Anton Proksch Institut Wien u. Ludwig Boltzmann Institut für Suchtforschung, M. Poltrum u. M. Tauss (Gastherausgeber), Wien Jg. 32, 2009/1; M. Poltrum Cinematherapy in der Suchtbehandlung. Filme zur Induktion positiver Veränderungserwartung, Spectrum Psychiatrie 4/09, Hg. v. M. Musalek, MedMedia Verlag: Wien 2009; M. Musalek u. M. Poltrum (Hg.) Ars Medica. Zu einer neuen Ästhetik in der Medizin, Parodos Verlag: Berlin 2011 und Pabst Science Publishers: Lengerich 2011; M. Poltrum, Klinische Philosophie. Logos Ästhetikus und Philosophische Therapeutik, Parodos Verlag: Berlin 2010 und Pabst Science Publishers: Lengerich 2010; Hesley, J. W.; Hesley, J. G. (1998): Rent two films and let’s talk in the morning: Using popular movies in psychotherapy. New York: Wiley; Lampropoulos, G. K.; Kazantzis, N.; Dane, F. P. (2004): Psychologists’ use of motion pictures in clinical practice. Professional Psychology: Research and Practice, 35: 535-541