Suchttherapie 2011; 12 - S6_09
DOI: 10.1055/s-0031-1284508

Stationäre Behandlung von Jugendlichen mit akuter Alkoholintoxikation: Unterscheiden sie sich von Jugendlichen in der Allgemeinbevölkerung?

L Kraus 1, S Müller 1
  • 1IFT Institut für Therapieforschung, München

Ziel: Untersuchung von Jugendlichen, die aufgrund akuter Alkoholintoxikation ins Krankenhaus eingeliefert wurden, und Vergleich mit Jugendlichen der Allgemeinbevölkerung. Methode: Die Stichprobe umfasste n=716 Jugendliche, die aufgrund akuter Alkoholintoxikation zwischen Oktober 2008 und Januar 2010 in bayerische Krankenhäuser eingeliefert wurden. Die Informationen wurden zum Teil vom medizinischen Personal, zum Teil von jugend- und suchttherapeutisch geschulten Fachkräften während eines 45-minütigen Gesprächs im Anschluss an die notfallmedizinische Behandlung erhoben. Die Vergleichsdaten stammen aus der Europäischen Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen (ESPAD) aus dem Jahr 2007. Ergebnisse: Die Stichprobe umfasste 56,7% Jungen, das Durchschnittsalter betrug 15,5 Jahre. Der durchschnittliche Intoxikationsgrad betrug 1,5 ‰. Der Alkoholkonsum fand fast immer zusammen mit Freunden statt (96,3%). Etwa ein Drittel (34,6%) gab an, sich absichtlich betrunken zu haben, 9,8% wurden nach eigener Aussage nicht zum ersten Mal wegen Alkoholintoxikation behandelt. Die Jugendlichen hatten durchschnittlich zwei Mal innerhalb des letzten Monats Alkohol getrunken. Jugendliche, die innerhalb der letzten 30 Tage Alkohol getrunken hatten, hatten im Durchschnitt 34,1 Gramm Reinalkohol konsumiert. Im Vergleich zu Jugendlichen aus der deutschen Allgemeinbevölkerung wies die Krankenhausstichprobe eine erhöhte Prävalenz des Konsums von fünf oder mehr alkoholischen Getränken zu einer Trinkgelegenheit auf (52,8 vs. 41%). Schlussfolgerung: Der seltene und geringe Alkoholkonsum innerhalb der letzten 30 Tage deutet darauf hin, dass es sich bei der Mehrheit um Jugendliche mit geringer Alkoholtoleranz handelt, die allerdings riskante Trinkmuster aufweisen. Es ist von weiteren psychosozialen Risiken auszugehen, für die eine Vermittlung in weiterführende Maßnahmen dringend notwendig ist.