Gesundheitswesen 2011; 73 - A145
DOI: 10.1055/s-0031-1283573

Prävalenz und Assoziationen von psychischer Komorbidität bei Rehabilitanden im onkologischen Indikationsbereich anhand von Routinedaten der Deutschen Rentenversicherung

S Nicklas 1, J Lamprecht 1, W Mau 1
  • 1Institut für Rehabilitationsmedizin Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle

Einleitung/Hintergrund: Mit onkologischen Erkrankungen sind starke Belastungen für die Betroffenen verbunden, die sich häufig in einer begleitenden psychischen Störung äußern. Deshalb sollen die Prävalenz von psychischer Komorbidität und ihre Assoziationen mit verschiedenen Merkmalen bei Rehabilitanden im onkologischen Indikationsbereich mithilfe von Routinedaten der Deutschen Rentenversicherung untersucht werden. Daten und Methoden: Anhand des Scientific Use File „Rehabilitation 2008„ der DRV werden zunächst Prävalenzraten für das Auftreten von psychischen Störungen bei bösartigen Neubildungen bestimmt (n=16.279). Anschließend wird untersucht, in welchen zentralen Merkmalen sich onkologische Rehabilitanden mit und ohne psychische Komorbidität unterscheiden. Bei der grafischen Analyse der kategorialen Variablen kommen innovative Darstellungsformen (Vier-Felder-Plots, Mosaikplots) zum Einsatz, die die Analyse von Häufigkeiten mit inferenzstatistischen Methoden verbinden. Merkmale, die mit psychischer Komorbidität assoziiert sind, werden mithilfe einer multiplen logistischen Regression identifiziert. Ergebnisse: Die Häufigkeit von psychischer Komorbidität (F-Diagnosen der ICD) liegt bei Rehabilitanden mit onkologischen Erkrankungen bei 13,6%. Am stärksten davon sind Personen mit Mammakarzinom (21,2%) betroffen. Rehabilitanden im onkologischen Indikationsbereich mit psychischer Komorbidität sind im Vergleich zu solchen ohne psychische Komorbidität im Mittel etwas jünger (56,0 vs. 62,6 Jahre), häufiger weiblich (71,3% vs. 52,3%), beantragen häufiger Erwerbsminderungsrente (1,0% vs. 0,3%) und ihr Anteil ist in den alten Bundesländern deutlich höher als in den neuen (15,9% vs. 8,5%). Bei Kontrolle der anderen Einflussgrößen ist auch die Lokalisation des Tumors mit psychischer Komorbidität assoziiert, die Schwere der Erkrankung hingegen nicht. Diskussion/Schlussfolgerungen: Der Anteil von onkologischen Rehabilitanden mit psychischer Komorbidität, der über die Diagnoseverschlüsselung in den Routinedaten erfassbar ist, ist geringer als in früheren Studien (Härter et al., 2001). Beachtenswert ist der hohe Anteil von psychischer Komorbidität bei Rehabilitandinnen mit Mammakarzinom, da diese im Mittel jünger sind als andere Rehabilitanden mit onkologischen Erkrankungen. Besonders auffällig sind die starken Ost-West-Unterschiede hinsichtlich der psychischen Komorbidität, die auf strukturelle Unterschiede hindeuten.

Literatur:

Härter M, Reuter K, Aschenbrenner A, Schretzmann B, Marschner N., Hasenburg A, Weis J. (2001): Psychiatric disorders an associated factors in cancer: results of an interview study with patients in inpatient, rehabilitation and outpatient treatment. Eur J Cancer, 37. 1385–1393.