Gesundheitswesen 2011; 73 - A128
DOI: 10.1055/s-0031-1283555

Prozess- und Ergebnisevaluation einer Gesundheitsförderungsmaßnahme für ältere Menschen im ländlichen Kontext

E Mnich 1, D Thomas 2, K Hofreuter-Gätgens 1, E Swart 2, H Rothgang 3, O von dem Knesebeck 1
  • 1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
  • 2Otto-von-Guericke-Universität, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie (ISMHE), Magdeburg
  • 3Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik, Bremen

Einleitung/Hintergrund: Das Programm „Aktive Gesundheitsförderung im Alter„ (AGil) zielt auf Veränderungen in den Bereichen körperliche Aktivität, Ernährung und soziale Teilhabe. Das bereits in einem städtischen Kontext (Hamburg) erfolgreich durchgeführte Programm wurde im ländlichen Raum (Kinzigtal) erprobt. Gegenstand des Vortrags sind Ergebnisse der Prozess- und Ergebnisevaluation dieses Gesundheitsförderungsprogramms. Für die Prozessevaluation wurden die Zielgruppenerreichung, die Akzeptanz, förderliche und hemmende Faktoren der Durchführung sowie die Transferierbarkeit des Programms untersucht. Gegenstand der Ergebnisevaluation war ein Vorher-Nachher-Vergleich im Hinblick auf Zielbereiche der Intervention und den Gesundheitszustand. Methoden: Die Interventionsgruppe bestand aus Personen im Alter 60+, die in ein Modellprojekt zur Integrierten Versorgung im Kinzigtal eingeschrieben waren, selbstständig zu Hause lebten und nicht pflegebedürftig waren. Im Rahmen der Ergebnisevaluation wurden die Interventionsteilnehmer (N=468) anhand von standardisierten Fragebögen zu vier Messzeitpunkten befragt. Inhalte der Erhebungen waren u.a. die gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF-36) sowie Fragen zum Bewegungs- und Ernährungsverhalten. Zur Prozessevaluation wurden die am Programm beteiligten Akteure mittels qualitativer Leitfadeninterviews befragt. Neben diesen Primärerhebungen wurden Sekundärdaten der AOK Baden-Württemberg zur Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen und zu den Kosten für die gesundheitliche Versorgung herangezogen. Ergebnisse: Die Teilnahmebereitschaft fiel in der untersuchten Population eher gering aus. Von 2045 eingeschriebenen Versicherten haben sich 468 (23%) an der Intervention beteiligt. Die Nichtteilnehmer waren im Durchschnitt 2 Jahre älter und gesundheitlich eingeschränkter (SF-36) als die Teilnehmer. Bei hoher Zufriedenheit zeigen sich nach der Intervention signifikante Veränderungen im Ernährungsbereich, nicht jedoch im Bewegungsbereich. Mögliche Auswirkungen der Intervention auf die ambulante Inanspruchnahme werden durch Effekte neuer Abrechnungsregeln überlagert. Die Behandlungsprävalenz der Adipositas geht leicht zurück. Die Fallzahlen der stationären Inanspruchnahme und bei harten Ergebnisindikatoren sind nicht ausreichend für belastbare statistische Analysen. Diskussion: Die Umsetzung eines in einem städtischen Kontext erfolgreich erprobten Interventionsprojekts in einem ländlichen Raum wirft Schwierigkeiten auf. Diese nur eingeschränkte Übertragbarkeit ist bei der Planung, Durchführung und Evaluation zukünftiger Präventionsprojekte zu beachten.