Gesundheitswesen 2011; 73 - A86
DOI: 10.1055/s-0031-1283484

Der Einfluss von personen-, krankheits- und interaktionsbezogenen Variablen auf die Informationsbewertung bei Patienten mit chronischem Rückenschmerz und Depression

K Heyduck 1, M Glattacker 1, C Meffert 1
  • 1Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg

Hintergrund: Verschiedene Studien zeigen, dass Patienten ein starkes Informationsbedürfnis haben. Eine Standardinformation erreicht die Patienten jedoch oft nicht [1], die Zufriedenheit mit den erhaltenen Informationen ist deshalb häufig gering. Mit dem Ziel, Ansatzpunkte für eine bedarfsgerechtere Informationsgestaltung zu identifizieren, soll im vorliegenden Beitrag untersucht werden, inwiefern die krankheits-, medikamenten- und rehabilitationsbezogene Informationsbewertung bei Patienten mit chronischem Rückenschmerz und Depression durch verschiedene Personen-, Krankheits- und Interaktionsvariablen prädiziert wird. Methoden: Zwischen Januar 2009 und März 2010 wurde in neun stationären Rehabilitationseinrichtungen eine Fragebogenerhebung mit N=201 Patienten mit chronischem Rückenschmerz und N=205 Patienten mit einer depressiven Störung durchgeführt. Zur Operationalisierung der patientenseitigen Informationsbewertung wurden die „Satisfaction with Information about Medicines Scale„ [2] sowie die Fragebögen „Zufriedenheit mit der Information zur Erkrankung„ und „Zufriedenheit mit der Information zur Rehabilitation„ [3] eingesetzt. Daneben wurden mithilfe verschiedener Instrumente 18 Variablen aus den Bereichen Soziodemografie, Krankheitsstatus und Arzt-Patient-Interaktion erhoben. Die statistischen Auswertungen umfassen deskriptive Statistik und multiple Regressionsanalysen. Ergebnisse: Bezogen auf die drei Skalen der Informationsbewertung werden bei den Patienten mit depressiver Störung durch die eingeschlossenen Variablen 27,2% (Medikamente), 14,6% (Rehabilitation) bzw. 7,9% (Krankheit) der Kriteriumsvarianz aufgeklärt. Bei den Patienten mit chronischem Rückenschmerz liegt die Gesamtvarianzaufklärung bei 21,0% (Krankheit), 14,2% (Rehabilitation) und 5,9% (Medikamente). Die Interaktionsvariable „Vertrauen in den Arzt„ erweist sich dabei in beiden Diagnosegruppen bei allen drei Skalen als stärkster Prädiktor (p<0,01). Aus den Bereichen Soziodemografie und Krankheitsstatus besitzen nur einige wenige Variablen einen signifikanten Vorhersagewert für die Informationsbewertung (p<0,05). Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten mit chronischem Rückenschmerz bzw. einer depressiven Störung die Zufriedenheit mit der Information zur Erkrankung und Behandlung in zentraler Weise durch das Vertrauen in den Arzt bestimmt wird. Soziodemografische Faktoren und Krankheitsvariablen nehmen als Prädiktoren der Informationsbewertung demgegenüber eine eher untergeordnete Rolle ein. Eine patientenorientierte Informationsvermittlung sollte deshalb neben bedarfsgerechten Inhalten die Arzt-Patient-Beziehung noch stärker in den Fokus rücken.

Literatur:

[1] Barber, N., Parsons, J., Clifford, S., Darracott, R. & Horne, R. (2004). Patients' problems with new medication for chronic conditions. Quality and Safety in Health Care, 13, 172–175. [2] Mahler, C., Jank, S., Herrmann, K., Horne, R., Ludt, S., Haefeli, W.E., Szecsenyi, J. (2009). Psychometric properties of the German version of the „Satisfaction with information about Medicines Scale“ (SIMS-D). Value in Health, 12, 1176–1779. [3] Glattacker, M., Heyduck, K., & Meffert, C. (2009). Wie bewerten Rehabilitandinnen und Rehabilitanden mit chronischen Rückenschmerzen und depressiven Störungen ihre Informationen zu Krankheit und Rehabilitation? Zeitschrift für Allgemeinmedizin, 83–84 (8. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung Heidelberg).