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DOI: 10.1055/s-0031-1283429
Abtreibung und Forschung an schwangeren Zwangsarbeiterinnen in der Universitätsfrauenklinik (UFK) Graz 1943–1945
Einleitung/Hintergrund: Der Vortrag behandelt ein Teilergebnis des Forschungsprojekts „Gynäkologie im Nationalsozialismus: Die Universitätsfrauenklinik Graz 1938 bis 1945„, das am Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Medizinischen Universität Graz unter der Leitung von Prof. Éva Rásky durchgeführt und vom österreichischen Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung gefördert wurde. Daten und Methoden: Historisch-kritische Analyse zeitgenössischer fachwissenschaftlicher Literatur und archivalischer Quellen Ergebnisse: Anders als an einigen deutschen und österreichischen Universitätsfrauenkliniken lehnten die Ärzte der Grazer UFK Abtreibungen an Zwangsarbeiterinnen nicht ab und führten den Eingriff noch in spätesten Schwangerschaftsphasen durch. Darüber hinaus benutzten der Klinikchef und ein Oberarzt die unfreiwilligen Patientinnen und ihre Leibesfrüchte zu radiologischen, physiologischen und chirurgischen Versuchen. Durch die Beschreibung dieser Experimente – der Schwerpunkt liegt auf der Fetografie – will der Vortrag einen spezifischen Beitrag zur Geschichte des Menschenexperiments im Nationalsozialismus leisten: Diese Versuche fanden nicht in einem Konzentrationslager statt, sondern im Kontext der täglichen Routine einer Universitätsfrauenklinik; der Experimentator verstand sich als Teilnehmer einer internationalen Debatte innerhalb der Scientific Community. Diskussion/Schlussfolgerungen: Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund soll die Frage diskutiert werden, ob es sich bei den klinischen Versuchen um einzigartige nationalsozialistische Verbrechen handelte oder inwieweit sie in der älteren Tradition der Forschung an Armen bzw. Kassenpatient/innen stehen.
Literatur:
Czarnowski, Gabriele, „Russenfeten“. Abtreibung und Forschung an schwangeren Zwangsarbeiterinnen in der Universitätsfrauenklinik Graz 1943–45, in: Virus. Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin 7, Wien 2008, 53–67.