Hebamme 2011; 24(2): 72
DOI: 10.1055/s-0031-1281494
Editorial
© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Hebammen fördern Gesundheit

Cordula Ahrendt
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Publication Date:
14 June 2011 (online)

Liebe Leserinnen und Leser,

vor kurzem haben wir in Magdeburg das aktuelle Bewerbungsverfahren für Hebammenschülerinnen abgeschlossen. Alle eingeladenen Bewerberinnen hatten in geburtshilflichen Praktika ihre Motivation für die Hebammenarbeit gestärkt und formulierten diese ansprechend mit leuchtenden Augen. Ihnen wurde als Praktikantin in einer Geburtsklinik die Zeit zugesprochen, die Gebärende während der Geburt ausdauernd zu unterstützen. Als Hospitantin erlebten sie die intensive Betreuung der Frauen durch die Hebamme. Dass eine kontinuierliche Hebammenbetreuung die Gesundheit von Mutter und Kind fördert, war ihnen dabei noch nicht bewusst. Die große Verantwortung der Hebammen konnten die potenziellen Hebammenschülerinnen jedoch schon in Worte fassen.

Und wie in jedem Jahr stelle ich mir mit meinen Kolleginnen die Frage, ob wir die „richtigen” Bewerberinnen ausgesucht haben. Bringen die ausgewählten jungen Frauen entsprechende Basiskompetenzen mit, um sich den Herausforderungen einer heutigen Hebammenausbildung und Hebammenarbeit zu stellen? Werden sie verinnerlichen, dass Gesundheitsförderung eine bedeutsame Hebammenaufgabe ist? Werden sie lernen, dass Fehlermanagement ein Weg zur Qualitätssicherung darstellt?

Das Thema B-Streptokokken-Frühinfektion zeigt die Bandbreite an Möglichkeiten, die Hebammen für die Gesundheitsförderung nutzen können. Dazu gehören vor allem eine professionelle Aufklärung über präventive Maßnahmen vor und während der Schwangerschaft bzw. zum GBS-Screening und die Früherkennung einer Neugeborenensepsis. Basis der Aufklärungsgespräche ist der Beitrag von Hella Köster, die detailliert den aktuellen Forschungsstand darlegt.

Als Ergänzung dazu haben wir ein Interview mit einer Hebamme und Mutter, deren erstes Kind an einer schweren B-Streptokokkensepsis erkrankt war, aufgenommen. Der positive Langzeitverlauf kann anderen betroffenen Eltern in der schwierigen Situation Mut machen. Auch hier ist es der Sensibilität und Aufmerksamkeit der Kollegin zu verdanken, dass die Erkrankung früh entdeckt und somit erfolgreich therapiert werden konnte.

In einem weiteren Beitrag hat der Mikrobiologe Dr. Andreas Schwiertz die Erkenntnisse zur vaginalen Leitflora und Maßnahmen zur Wiederherstellung des vaginalen Schutzsystems zusammengefasst. Er motiviert uns, in der Schwangerenvorsorge beim Verdacht auf eine Infektion einen differenzierten Vaginalstatus durch ein qualifiziertes Labor erheben zu lassen, um adäquate Schritte mit der Frau zu besprechen.

Die Hebammenschülerinnen stellen oft hohe Ansprüche an sich selbst und wollen insbesondere in der praktischen Ausbildung alles richtig machen. Während ihrer Schulbildung haben sie gelernt, dass gute Zensuren zu erreichen sind, wenn der Anspruch des Lehrers erfüllt wird. In der Hebammenausbildung erfahren sie, dass die geburtshilflichen Situationen so komplex sind, dass Fehler in der Ausbildung unvermeidlich sind. Jetzt heißt es, Fehler frühzeitig zu erkennen, Ursachen aufzudecken und neue Bewältigungs- bzw. Handlungsstrategien zu entwickeln. Ohne die Hilfe von erfahrenen Hebammen, Mentorinnen und Lehrerinnen ist dies kaum zu schaffen.

Dafür ist es erforderlich, dass Hebammen selbst Risikoquellen für Fehler reflektieren. Simone Kirchner beschreibt anschaulich Risikofelder und Konsequenzen für die gemeinsame Betreuung von Gebärenden. Neben Defiziten in der Diagnostik und Intervention spielen die Bereiche „Beziehungsaufbau” sowie „Kooperation und Kommunikation” eine große Rolle.

Ich erwarte mit Spannung den Beginn des neuen Hebammenkurses und wünsche allen Hebammen und werdenden Hebammen ebenso Spannung beim Lesen unserer Fachbeiträge.

Herzliche Grüße

Ihre

Cordula Ahrendt

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