Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - P416
DOI: 10.1055/s-0031-1278615

Die Diagnose einer Vulvodynie sollte eine Biopsie und histologische Untersuchung beinhalten

S Regauer 1, B Eberz 2
  • 1Institut für Pathologie, Med. Universität Graz, Graz
  • 2Gynäkologische Praxis Mürzzuschlag, Mürzzuschlag

Das Krankheitsbild der Vulvodynie (VD) ist durch starke Schmerzen ohne klinisch-makroskopische und auch histologische Auffälligkeiten charakterisiert. VD sollte eine Ausschlussdiagnose nach dermatologischer und gynäkologischer Untersuchung sein, da manche Frauen mit Lichen sklerosus (LS) und Lichen planus (LP) auch unter Schmerzen leiden. Da das multidiziplinäre Management von Frauen mit VD aufwendig und schwierig ist, sollten zur Stellung dieser Diagnose alle diagnostischen Möglichkeiten inklusive einer Biopsie ausgeschöpft werden. In Patientinnen mit VD kann in immunhistochemischen Untersuchungen eine abnormale submuköse und intraepitheliale sensorische Innervierung und eine Ansammlung aktivierter, degranulierter submuköser Mastzellen beobachtet werden, während die HE-Histology oft nur ‘unspezifische Entzündung’ zeigt. Eine tiefe Punchbiopsie mit 3–4mm Durchmesser am Punktum maximum der Schmerzen sollte mit HE-gefärbten Schnittstufen, einer PAS-Reaktion zum Ausschluss von Candida-infektionen und immunhistochemisch mit Antikörper gegen protein gene product 9.5 und humane Mastzelltryptase aufgearbeitet werden. Nicht nur die Gesamtzahl der Mastzellen, sondern die Aktivierung=Degranulation gilt als wichtiger Parameter.

Von 42 im letzten Jahr an Dr. Eberz überwiesenen Frauen mit Hauptsymptom ‘vulväre Schmerzen“ hatten 9 einen bioptisch gesicherten LS, 3 einen LP. Von den restlichen 30 Frauen hatten nur 3 eine vorausgegangene Biopsie (‘chronisch-unspezifische Vulvitis“). Nach einer gynäkologischen Untersuchung und (Re)biopsie von 29/30 Patientinnen wurde bei 3 Frauen ein Neurinom, eine Amyloidose und eine multifokale VIN und AIN diagnostiziert. In 14/29 Biospien wurde ein fortgeschrittener LS (3), früher LS (5), fortgeschrittener LP (1), früher LP (2), psoriasis (1) und chronisch irritative Dermatitis (2) diagnostiziert. 12 Biopsien ohne Abnormalitäten im HE Schnitt wurden zusätzlich immunhistochemisch untersucht. Alle zeigten mittelgradig bis massiv erhöhte Zahlen aktivierter Mastzellen, zumeist mit extensiver Degranulation und intraepitheliale Extensionen von Nervenfasern, 6/12 hatten auch abnorme submuköse und subepitheliale Nervenproliferate. Lokale Behandlung mit einem Mastzellstabilisator hatte gute Erfolge. Eine Biopsie – trotz der ausgeprägten Schmerzsymptomatik – mit adequater histologischer Untersuchung gehören zu einer Standardabklärung einer Patientin mit dem klinischen Bild/Verdacht auf das Vorliegen einer Vulvodynie.