Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - P309
DOI: 10.1055/s-0031-1278587

Vaginale Geburt sechs Jahre nach endovaskulärer Versorgung einer traumatischen Aortenruptur

B Schlechta 1, D Wiedemann 2, 3, W Eppel 1, S Helmy 1, A Kocher 2
  • 1Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Medizinische Universität Wien
  • 2Abteilung für Herzchirurgie, Medizinische Universität Wien
  • 3Universitätsklinik für Herzchirurgie, Medizinische Universität Innsbruck

Die transluminale endovaskuläre Stentgraftimplantation (TEVAR) ist zur bevorzugten Methode bei der Versorgung von akuten gedeckten traumatischen Aortenrupturen (ATAT) geworden. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es bis heute keinen einzigen Bericht über Schwangerschaft und Geburt nach TEVAR wegen ATAT. Als Problem wird die intravaskuläre Drucksteigerung während der Wehen und vaginalen Geburt angesehen. Wir beschreiben den ersten Fall einer unauffälligen Schwangerschaft und vaginalen Geburt sechs Jahre nach TEVAR wegen ATAT.

Unsere Patientin erlitt im Alter von 27 Jahren im Rahmen eines Autounfalls ein Polytrauma (Hirnstammblutung, Serienrippenfraktur, Pneumothorax, Frakturen der Scapula, des Humerus und des Os sacrums). Die lebensbedrohlichste Verletzung war eine ATAT in loco typico, die mittels TEVAR versorgt wurde. Die Patientin erholte sich komplett von ihren Verletzungen. Sechs Jahre nach der Stentgraftimplantation wurde sie schwanger und aufgrund ihrer Anamnese an unserer Abteilung betreut.

Die Patientin unterzog sich im Rahmen der Routinenachsorge einer Computertomografie und erlangte erst Tage danach Kenntnis von ihrer Schwangerschaft (9. SSW). Der Stentgraft zeigte sich in regulärer Position ohne Zeichen eines Endoleaks. Unsere Bedenken galten möglichen Drucksteigerungen während der Wehen und vaginalen Geburt, trotzdem wollte die Patientin eine vaginale Geburt statt eines Kaiserschnitts. Nach Konsultation eines interventionellen Radiologen entschieden wir, dass eine vaginale Geburt möglich wäre. Die Schwangerschaft und die vaginale Geburt verliefen völlig problemlos, und die Patientin wurde am Termin von einem männlichen Neugeborenen (Gewicht 3380g) entbunden.

Dies ist der erste Fall einer unauffälligen Schwangerschaft und vaginalen Geburt nach TEVAR wegen ATAT. Unsere Patientin hatte den ausdrücklichen Wunsch vaginal zu entbinden. Da sich der Stentgraft in regulärer Position ohne Hinweis auf ein Endoleak zeigte und auch die restliche Aorta thoracica unauffällig war, konnten wir diesem Wunsch nachkommen. Dieser Fall zeigt, dass eine problemlose Schwangerschaft und sogar eine problemlose vaginale Geburt nach TEVAR wegen ATAT nach entsprechender Evaluierung möglich ist und damit auch die Autonomie unserer Patientin mit ihrem Wunsch nach vaginaler Entbindung respektiert werden konnte.