Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - P219
DOI: 10.1055/s-0031-1278576

Rolle der zytoreduktiven Operation für das Ovarialkarzinomrezidiv

M Lenhard 1, A Burges 1, B Schmalfeldt 2, H Schmalzried 2, HM Enzinger 3, C Marth 4, P Harter 5
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinikum Großhadern, München
  • 2Frauenklinik und Poliklinik der Technischen Universität München, Klinikum rechts der Isar, München
  • 3Caritas-Krankenhaus St. Josef, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe d. Universität Regensburg
  • 4Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
  • 5Kliniken Essen-Mitte, Klinik für Gynäkologische Onkologie, Evang. Huyssens-Stiftung, Essen

Hintergrund: Beim primären Ovarialkarzinom ist die Operation mit maximaler Reduktion der Tumorlast ein weithin akzeptiertes Therapieziel. Dagegen ist die Rolle der operativen Therapie beim Rezidiv weniger klar. Insbesondere folgende Aspekte sind zu klären: (1) operatives Ziel (2) Patientinnenselektion (3) Prognoseverbesserung durch operative Tumorreduktion.

Methode: In einer retrospektiven Multicenterstudie wurde das operative Ziel der Rezidivoperation definiert und eine Hypothese für einen Score ermittelt, der geeignete Patientinnen für eine Rezidivoperation identifiziert (DESKTOP I Studie). Die Validierung des so ermittelten AGO-Scores für Patientinnen mit einem Platin-sensiblem Ovarialkarzinomrezidiv erfolgte in einer prospektiven Multicenterstudie (DESKTOP II Studie).

Ergebnisse: Für die DESKTOP I Studie wurden 267 Patientinnen ausgewertet. Die komplette Tumorresektion vs. Operation mit Tumorrest war mit einem signifikant besseren Überleben assoziiert (Median 45,2 vs. 19,7 Monate; HR 3,71; 95%-CI: 2,27–6,05; p<0.0001). Ein guter Allgemeinzustand, die Tumorfreiheit bei Erstoperation und das Fehlen von Aszites wurden als unabhängige Prädiktoren der kompletten Tumorresektion für die Rezidivoperation ermittelt. Waren alle drei Faktoren positiv, war der AGO-Score positiv. Der prädiktive Wert des positiven AGO-Scores wurde nachfolgend prospektiv bestätigt. Für die DESKTOP II Studie wurden 516 Patientinnen gescreent. 51% der Patientinnen wurden als Score-positive klassifiziert. 129 Patientinnen mit positivem Score und erstem Rezidiv wurden operiert. Eine makroskopische Komplettresektion wurde in 76% (95%-CI: 69%-84%) der Fälle erreicht. Das Vorhandensein von Peritonealkarzinose war ein negativer Prädiktor für die makroskopisch komplette Resektion, hatte jedoch keinen Effekt auf die Prognose, wenn makroskopische Tumorfreiheit durch die Rezidivoperation erreicht werden konnte. Die Komorbidität der Operation in der DESKTOP II Studienkohorte war vergleichbar mit der bei Erstdiagnose.

Schlussfolgerung: Im Gegensatz zur primären Operation bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom, profitieren von einer Rezidivoperation nur die Patientinnen, bei denen makroskopische Tumorfreiheit erreicht werden kann. Der AGO-Score ist ein validiertes und verlässliches prädiktives Tool, um Patientinnen für eine Rezidivoperation zu selektionieren. Basierend auf diesen Daten wurde die DESKTOP III Studie gestartet, die die Rolle der kompletten Tumorresektion für das Gesamtüberleben untersucht.