Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - P109
DOI: 10.1055/s-0031-1278545

Ulcus vulvae bzw. vulväre Destruktion als Erstmanifestation einer chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)

S Schneuber 1, J Czihak 1, M Pichler 2, S Regauer 3, K Tamussino 1, V Bjelic-Radisic 1
  • 1Klin. Abteilung Gynäkologie, Univ.-Frauenklinik
  • 2Klin. Abteilung für Hämatologie, Univ.-Klinik für Innere Medizin
  • 3Institut für Pathologie; Medizinische Universität Graz

Einleitung

Genitale Ulzerationen können durch eine Vielzahl von Erkrankungen verursacht werden, im höheren Lebensalter vor allem durch Neoplasien wie Vulvakarzinome. Differenzialdiagnostisch kommen auch eine infektiöse Genese, Morbus Behçet oder ein Ulcus vulvae acutum Lipschütz in Frage. Eine Beteiligung des weiblichen Genitale im Rahmen einer Leukämie ist sehr selten und wurde vor allem im Rahmen eines generalisierten Prozesses beschrieben.

Fallbericht:

Eine 78-jährige Patientin wurde im Nachtdienst aufgrund eines blutig-putriden Fluors vorstellig. Die Inspektion des Genitale zeigte ein die gesamte Vulva und den distalen Vaginaanteil aufbrauchende Destruktion im Durchmesser von 12×8cm und einer Tiefe von ca. 3cm, bis an die Symphyse reichend. Die Diagnose bzw. Ätiologie war zunächst unklar. Die Histologie zeigte schließlich eine Infiltration durch ein lymphozytisches Lymphom vom Typ der B-CLL. Das Staging ergab eine primär nicht therapiebedürftige CLL Stadium II nach RAI. Als mögliche Therapieoptionen wurden Observanz, Chemotherapie, Strahlentherapie oder primäre plastische Deckung angedacht. Da jedoch eine Strahlentherapie zu einer weiteren Vergrößerung der Läsion führen könnte und eine plastische Deckung ohne systemische Therapie nur kurzfristig einen Vorteil bringen würde, wurde eine Chemotherapie mit dem RF-C-Protokoll (Rituximab, Fludarabin, Cyclophosphamid) eingeleitet. Bereits nach 3 Zyklen kam es zu einer Größenregredienz des Ulcus. Die Patientin befindet sich derzeit in Remission, nach dem 4. RF-C-Zyklus ist ggf. eine plastische Deckung des Defektes geplant.

Schlussfolgerung:

Die klinische Erstmanifestation eines Lymphoms als Ulcus vulvae bzw. als vulväre Destruktion ist sehr selten, es wurden in der Literatur insgesamt 12 Fälle beschrieben. Bei unserer Patientin präsentierte sich das Geschehen als großer, scharf von der Umgebung abgegrenzter Defekt ohne randständige Nekrose. Die histologische Diagnose ist diffizil, aber unabdingbar. Diagnose und Therapie bedürfen einer Zusammenarbeit zwischen Gynäkologie, Dermatologie, Pathologie, Hämato-Onkologie und ggf. plastischer Chirurgie.