Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2011; 8 - A159
DOI: 10.1055/s-0031-1278162

Der onkologische Notfall: Mammakarzinompatientin mit paraneoplastischer Hypoglykämie

LK Richters 1, K Rhiem 1, M Ortmann 2, P Mallmann 3, N Harbeck 1
  • 1Universitätsfrauenklinik Köln, Brustzentrum, Köln, Deutschland
  • 2Uniklinik Köln, Institut für Pathologie, Köln, Deutschland
  • 3Uniklinik Köln, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Köln, Deutschland

Einleitung:

Hypoglykämien im Rahmen einer paraneoplastischen Sekretion von Insulin-ähnlichem Peptid (IGF-II) werden in der Onkologie selten beschrieben. Sie können jedoch zu einer schweren Unterzuckerung bis hin zum hypoglykämischen Koma führen (de Groot et al., 2007).

Fall

Eine 60-jährige Patientin mit metastasiertem Mammakarzinom wurde in präkomatösem Zustand in die Klinik gebracht. Bei Aufnahme zeigte sich ein Glukosewert von 9mg/dl, sonstige Laborparameter waren normwertig. Unter Glukosedauerinfusion (100ml/h, 20%) normalisierte sich der Zustand der Patientin rasch.

Vor 8 Jahren erfolgte die Erstdiagnose des primär ossär metastasierten Brustkrebses (ypT3/ypN2/cM1/ G2/Hormonrezeptor positiv/Her2-neu negativ). Im Verlauf wurden pulmonale und hepatische Filiae diagnostiziert. Zuletzt hatte die Patientin die 4th-line Chemotherapie mit Caelyx und anschließend eine Therapie mit Faslodex und Bisphosphonate erhalten. Bei stark erniedrigten IGF1-, Insulin- und C-Peptid-Serumspiegeln und normalen IGF-II-Werten wurde der V.a. eine paraneoplastische Hypoglykämie gestellt und durch den erneuten Progress in Bildgebung und Serologie (CA 15–3: >3000 kU/l) bestätigt. Unter Glukosedauerinfusion, Glukokortikoiden (Dexamethason 4mg/d) und Somatostatin (Octreotid 100µg/d) war die Patientin symptomfrei.

Schlussfolgerung:

Die paraneoplastische Hypoglykämie stellt einen seltenen Notfall in der Onkologie dar. Sie kann zur Erstdiagnose einer onkologischen Erkrankung sowie zur Diagnose des Krankheitsprogresses beitragen. Die umgehende Diagnosestellung und ursächliche Behandlung i.S.e. spezifischen Tumortherapie ist von zentraler Bedeutung. In der palliativen Situation steht die symptomatische Behandlung im Vordergrund (de Groot et al., 2007).