Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - P260
DOI: 10.1055/s-0031-1277531

Untersuchung zum Einfluss der Höhe auf die Blutzuckerhomöostase bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 unter körperlicher Belastung

S Graf 1, T Siegmund 1, B Gutt 1, A Wiesmeth 1, PM Schumm-Draeger 1
  • 1Städt. Kliniken München GmbH, Klinikum Bogenhausen; 3. med. Abteilung, München, Germany

Fragestellung: Der Einfluss der geographischen Höhe auf den Glukosestoffwechsel wurde bisher nur wenig untersucht. Klinisch relevante Höhen, in denen sich Patienten mit Diabetes mellitus aufhalten, z.B. beim Wandern oder Skifahren, sind moderate Höhenregionen bis 3000 mNN. Somit ergibt sich die Fragestellung, ob und in wieweit Höhen zwischen 2500–3000 mNN einen relevanten, d.h. messbaren Einfluss auf die Glukosehomöostase bzw. Blutzuckerregulation haben.

Methodik: In unserer Pilotstudie wurden 8 Patienten mit Typ-1-Diabetes eingeschlossen. Das mediane Alter lag bei 38 Jahren [Range: 18–41 Jahre]. Alle Probanden waren Insulinpumpenträger. Der Glukoseverlauf wurde mittels eines kontinuierlichen Glukosemonitorings (CGMS, Fa. Medtronic) vor, während und nach definierten Belastungseinheiten beobachtet. Die Patienten wurden in München (500mNN), sowie in einer Höhe von 2650mNN (Umweltforschungsstation Schneefernerhaus, Zugspitze) mit einem Fahrradergometer mit 75 Watt (männliche Probanden) bzw. 50 Watt (weibliche Probanden) über jeweils 2 Stunden ergometrisch belastet. Ziel war u.a. einen möglichst stabilen Blutzuckerverlauf zu erreichen, weshalb die Zufuhr von Kohlenhydraten als auch von Insulin gestattet wurde.

Ergebnisse: Vor Beginn der Belastung unterschied sich der Blutzucker (BZ) in unserem Kollektiv im Tal (T) und in der Höhe (H) nicht signifikant (T 0min: 140mg/dl [112–286]; H 0min: 159mg/dl [72–223]; p=n.s.). Nach 135min ergometrischer Belastung zeigte sich trotz Zufuhr von Kohlenhydraten sowohl in T (115mg/dl [67–140]; p=0,037) als auch in H (116mg/dl [67–140]; p=0,043) ein signifikant niedriger Blutzuckerwert im Vergleich zum Ausgangswert. Die zugeführte Kohlenhydratmenge unterschied sich in T und H nicht signifikant (Tges.: 20 BE [0–8,0]; Hges.: 23,5 BE [0–7,0]; p=n.s.). Auffällig war jedoch, dass im Tal 6/8 Probanden zu Beginn der Belastung einen tendenziellen Blutzuckeranstieg aufzeigten. Nach 80min Belastung wurde wieder ein medianer Blutzuckerwert wie bei T 0min erreicht. Erst zum Zeitpunkt T 130min zeigte sich erstmals ein signifikant niedrigerer Blutzuckerwert von 113mg/dl [67–142; p=0,043].

Im Gegensatz hierzu kam es bei 6/8 Probanden in der Höhe zu einem sofortigen Abfall der Blutzuckerwerte nach Beginn der Belastung. Nach 25min Belastung zeigten sich im Vergleich zu B 0min signifikant erniedrigte Blutzuckerwerte (B 25min: 126mg/dl [43–202]; p=0,027), welche bis zum Ende der Belastung trotz Kohlenhydratzufuhr erniedrigt blieben.

Zusammenfassung: Die Daten der Pilotstudie legen nahe, dass bei körperlicher Belastung in alpiner Höhe ein Blutzuckerabfall deutlich früher zu erwarten ist, als in niedrigen Höhenlagen. Patienten mit Typ 1 Diabetes sollten dies bei der Planung von Insulingaben bzw. bei der Kohlehydrataufnahme in alpiner Höhe berücksichtigen.