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DOI: 10.1055/s-0031-1277480
Veränderung der Verordnungshäufigkeiten antidiabetischer Medikamente zwischen 2003 und 2010. Befunde aus dem Disease Management Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 2 in der Region Nordrhein
Fragestellung: Nationale (Wang et al., 2010) und Studien aus den Niederlanden (Langendam et al., 2006), Großbritannien (Filion et al., 2009) und den Vereinigten Staaten (Murff et al., 2007) konstatieren für den Zeitraum zwischen etwa 2000 und 2006 eine deutliche Zunahme der Antidiabetika-Verordnungen Typ 2-Diabetikern. Dies betrifft primär die Verordnung von Biguaniden, während die von Sulfolnylharnstoffen rückläufig zu sein scheint. Lässt sich eine solche Entwicklung auch im DMP Diabetes mellitus Typ 2 in der Region Nordrhein nachweisen?
Methodik: Untersucht wurden in einer Querschnitt-Kohortenanalyse (a) die Verordnungshäufigkeiten antidiabetischer Medikationen von 2003 bis 2010, (b) zusätzlich jeweils separat für weibliche und männliche sowie (c) unterschiedlich alte Patienten (≤55, 56–65, 66–75, ≥76 Jahre). Daten ausschließlich nicht medikamentös therapierter Patienten wurden aus der Analyse ausgeschlossen. Aufgrund mehrfacher gesetzlicher Dokumentationsänderungen lassen sich nur Biguanide und Glibenclamid über den gesamten Zeitraum einheitlich auswerten, die Kategorien sonstige orale Antidiabetika (OAD) und Insuline wurden jeweils aus einem heterogenen Variablenset aggregiert. Aufgrund der großen Fallzahlen erfolgten alle Auswertungen deskriptiv.
Ergebnisse: Die Auswertungen beruhen auf einer Gesamtmenge von 5.832.597 Datensätzen. Zwischen 2003 und 2010 erhöhte sich die Verordnung von Biguaniden von 47,9 auf 68,7%, während die von Glibenclamid von 19,3 auf 15%, die sonstiger OAD von 28,4% auf 25,9% und die von Insulin von 35,7 auf 32,3% zurückging. Gegenüber Frauen erhielten Männer etwas häufiger Biguanide (2003: 47,5 vs. 48,3%, 2010: 68,3 vs. 69,1%) und sonstige OAD (2003: 27,4 vs. 29,6%, 2010: 24,9 vs. 26,8%), jedoch seltener Insuline (2003: 37,1 vs. 34,2%, 2010: 32,6 vs. 31,9%). Für Glibenclamid bestanden keine ausgeprägten Geschlechtsunterschiede. Ausgeprägte Differenzen zeigten sich dagegen zwischen den verschiedenen Altersgruppen. So erhöhte sich zwischen 2003 und 2010 die Verordnung von Biguaniden bei Patienten bis zu 55 Jahren von 60 auf 80,3%, bei Patienten in der höchsten Altersgruppe ab 76 Jahren dagegen nur von 39,1 auf 54,9%. Umgekehrt sank die Insulin-Verordnung bei Patienten bis zu 55 Jahren von 34,8 auf 26,3%, bei Patienten ab 76 Jahren blieb sie dagegen mit 37 vs. 36,1% annähernd konstant.
Schlussfolgerungen: Der aus früheren Studien bekannte Effekt einer säkularen Zunahme insbesondere der Biguanid-Verordnungen lässt sich mit den Daten aus dem DMP Diabetes mellitus Typ 2 in der Region Nordrhein replizieren. Dieser Effekt wird vermutlich im Rahmen des DMP bedingt durch die einschlägigen Qualitätszielvorgaben noch verstärkt und ist vor allem unter jüngeren Typ 2-Diabetikern besonders ausgeprägt. Der für frühere Zeiträume vor 2003 z.B. in Waldhäusl et al. (2004) postulierte Anstieg der Insulin-Verordnungen kann hingegen mit den neueren Daten aus Nordrhein nicht bestätigt werden.