Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - FV67
DOI: 10.1055/s-0031-1277338

Zentrale IGF-1 Resistenz erhöht die Spontanaktivität und fördert die Fettverbrennung

S Freude 1, 2, K Schilbach 1, 2, H Brönneke 3, JC Brüning 1, 2, 3, W Krone 1, 2, M Schubert 1, 2
  • 1Uniklinik Köln, Klinik II und Poliklinik für Innere Medizin, Köln, Germany
  • 2Zentrum für Molekulare Medizin Köln (ZMMK), Köln, Germany
  • 3Institut für Genetik, Mausgenetik und Metabolismus, Köln, Germany

Fragestellung: Kürzlich publizierte Daten legen nahe, dass die zentrale Signaltransduktion über den Insulin-like growth factor-1 Rezeptor (IGF-1R) sowohl die Glukosehomöostase als auch das Überleben beeinflusst. Bisher wurde als Mechanismus diskutiert, dass eine zentrale IGF-1 Resistenz in der frühen Gehirnentwicklung zu einer Fehlentwicklung der Hypophyse und damit auch zu Minderwuchs und Insulinresistenz führt. Um einen Entwicklungsphänotyp ausschließen zu können, haben wir ein Mausmodell generiert, in dem eine milde zerebrale IGF-1 Resistenz erst nach Beendigung der neuronalen Proliferation auftritt. In der dargestellten Arbeit wurden Neuronen-spezifische heterozygote IGF-1R defiziente Mäuse untersucht.

Methodik: Es wurde eine transgene Mauslinie etabliert, die Neuronen-spezifisch eine Deletion einer Kopie des IGF-1R (nIGF-1R+/-) aufweist (Cre-loxP-System, Synapsin-Promotor). Um eine Beeinflussung des weiblichen Zyklus zu vermeiden, wurden ausschließlich männliche Tiere bezüglich Überleben (Kaplan Maier Analyse), Energieumsatz/Aktivität (indirekte Kalorimetrie), Körperzusammensetzung (MRT), Testung von Verhalten und Motorik (Open Field/Elevated-O-Maze, RotaRod) und Glukosemetabolismus (Insulin-/Glukose-Toleranz-Tests) untersucht.

Ergebnisse: Im Vergleich zu Wildtyp (WT) Männchen leben die nIGF-1R+/- Männchen signifikant länger. Die heterozygote Neuronen-spezifische Deletion des IGF-1R führt zu einem signifikant verminderten Körpergewicht (34±1 vs. 30±0,5g) und Body mass index (BMI) (3,04±0,07 vs. 2,85±0,04kg/m2). Zudem ist das epigonadale Fettgewebe in den nIGF-1R+/- Männchen im Alter von 60 Wochen signifikant weniger ausgeprägt (1353±207 vs. 630±115mg). Dieser Befund einer verminderten Fettmasse lässt sich im MRT bestätigen. Es konnte kein Unterschied in der Wasser- und Futteraufnahme gefunden werden. Interessanterweise zeigt sich bei der im Alter von 60 Wochen durchgeführten indirekten Kalorimetrie-Messung bei den nIGF-1R+/- Mäusen im Vergleich zum WT ein signifikant erhöhter Energieumsatz pro kg Körpergewicht (28,6±0,3 vs. 31,5±0,6kcal/h/kg KG) und ein signifikant verminderter respiratorischer Quotient (0,899±0,002 vs. 0,863±0,005). Weiterhin besteht bei den nIGF-1R+/- Mäusen eine signifikante Erhöhung der nächtlichen Spontanaktivität, ohne dass die Tiere im Elevted-O-Maze Test ängstlicher sind oder im Open-Field Test einen Explorationsphänotyp aufweisen. Im RotaRod Test ist die Motorik der Tiere nicht verändert. Dieser Phänotyp führt jedoch nicht zu einer im Glukose- oder Insulin-Toleranz-Test detektierbaren Veränderung der Glukosehomöostase.

Schlussfolgerung: Eine milde zentrale IGF-1 Resistenz männlichen Mäusen verlängert das mittlere Überleben, steigert Aktivität und Fettverbrennung und vermindert die Akkumulation von weißem Fettgewebe. Diese Ergebnisse könnten langfristig zu einem neuen therapeutischen Ansatz in der Behandlung des Typ 2 Diabetes führen.