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DOI: 10.1055/s-0031-1277332
Kognitive Verhaltenstherapie vs. Sertralin bei depressiven Patienten mit Diabetes mellitus: Ergebnisse der Diabetes-Depressions-Studie (DAD-Studie)
Fragestellung: Depressive Störungen stellen eine lebensbedrohliche Komorbidität bei Patienten mit Diabetes mellitus dar. Studien zum Wirksamkeitsvergleich psychologischer versus psychopharmakologischer Interventionen liegen bislang nicht vor. Zielsetzung der DAD-Studie ist der Wirksamkeitsvergleich einer diabetesspezifischen kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) mit dem Antidepressivum Sertralin bei depressiven Diabetikern mit einer unzureichenden Qualität der Stoffwechseleinstellung.
Methodik/Statistik: In dieser randomisierten, kontrollierten Multicenterstudie an 70 Prüfzentren wurden 251 insulinbehandelte, depressive Diabetiker (HbA1c-Werte >7,5%) entweder mit 50–200mg Sertralin oder einer 20-stündigen (10 Sitzungen) diabetesspezifischen Gruppen-KVT behandelt. Nach einer 12-wöchigen Behandlung wurden nur Therapie-Responder (50% Verbesserung der depressiven Symptomatik in der Hamilton Depression Rating Scale, HAMD) beider Behandlungsgruppen in die sich anschließende 1-jährige Langzeitphase der Studie eingeschlossen. Patienten in der Sertralingruppe wurden zur Rückfallprophylaxe weiterhin mit Sertralin behandelt, während in der KVT-Bedingung keine weitere Behandlung erfolgte. Die Diabetesbehandlung erfolgte als „treatment as usual“. Gruppenunterschiede hinsichtlich der HbA1c Werte (primärer Outcome) und der Depressionssymptome (HAMD) zum Zeitpunkt der 1-Jahres-Katamnese im Vergleich zur Baseline-Erhebung wurden mit Kovarianzanalysen untersucht. Subgruppenanalysen wurden für den Diabetestyp durchgeführt.
Ergebnisse: Nach 12 Wochen respondierten 115 (45,8%) der Patienten auf die Behandlungen (KVT 53, Sertralin 62). In der 1-Jahres-Katamnese veränderte sich der HbA1c-Wert nach der KVT von 9,3±1,6 zu 9,2±1,7 und unter der Sertralinbehandlung von 9,2±1,4 zu 9,4±1,4 (p=0,129). HAMD-Werte verbesserten sich nach der KVT von 18,0±4,6 zu 7,8±6,5 und in der Sertralingruppe von 18,9±5,1 zu 5,5±5,7 (p=0,020). Subgruppenanalyse zwischen den Diabetestypen erbrachten, signifikante Unterschiede ausschließlich in der KVT-Gruppe hinsichtlich der HbA1c-Werte (Differenz: 0,73, p=0,004). Typ-2-Diabetiker wiesen nach der KVT niedrigere HbA1c-Werte auf (-0,40) während bei Typ-1-Diabetikern eine leichte Erhöhung der HbA1c-Werte zu beobachten war (+0,32).
Schlussfolgerungen: KVT und Sertralin sind in der Behandlung unzureichend eingestellter depressive Diabetiker wirksam, wobei ein geringgradiger aber statistisch signifikanter Vorteil für Sertralin besteht. Eine substantielle Verbesserung der Stoffwechseleinstellung konnte weder für die psychologische, noch die psychopharmakologische Behandlung erreicht werden. Obwohl Typ-2-Diabetiker insgesamt bessere Stoffwechselwerte nach einer KVT erreichten, bleiben diese doch im Durchschnitt noch weit über den angestrebten Therapiezielen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass neue individualisiertere Behandlungen notwendig sind, um nicht nur die psychischen sondern auch die diabetesbezogenen Therapieziele zu erreichen.