Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - FV36
DOI: 10.1055/s-0031-1277307

Veränderte Biologie humaner Lipom-Zellen eines 4 Jahre alten Jungen mit PTEN-Hamartoma-Tumor-Syndrom (PHTS)

GL Schmid 1, S Starke 1, A Körner 1, J Kratzsch 2, H Uhlig 3, W Kiess 1
  • 1Universitätsklinikum für Kinder und Jugendliche Leipzig, Pädiatrisches Forschungszentrum, Leipzig, Germany
  • 2Universitätsklinikum Leipzig, Institut für Laboratoriumsmedizin, klinische Chemie und molekulare Diagnostik, Leipzig, Germany
  • 3University of Oxford, Oxford, United Kingdom

Hintergrund & Fragestellung: PHTS ist eine seltene Erkrankung, die durch Mutationen im PTEN-Gen verursacht wird. Die Phosphatase PTEN katalysiert unter anderem die Konversion vom PIP3 zu PIP2 und ist so am mTOR Signalweg beteiligt. Wir konnten bei einem 4-jährigen Jungen mit PHTS, der unter massiver Lipomatose, Thymushyperplasie und Kachexie leidet, eine große heterozygote Deletion im PTEN-Gen nachweisen.

In unserem Projekt sollten aus Lipomgewebe des Patienten gewonnene Präadipozyten, charakterisiert und als Zellmodell zur Forschung am IGF-I Signalweg und der Adipozytendifferenzierung etabliert werden. Zudem untersuchten wir den Effekt von Rapamycin, einem mTOR-Inhibitor auf das Wachstum und die Differenzierung der Lipom-Zellen und dokumentierten einen individuellen Therapieversuch am Patienten mit Rapamycin über bislang vier Monate.

Methodik: Die Lipom-Zellen wurden als Primärzellen gewonnen und in Langzeitkultur gehalten. Die Zellproliferation und Differenzierung wurde nach DNA- bzw. Lipidfärbung durch Zellzählung bestimmt. Die PTEN Proteinmenge and AKT-Phosphorylierung wurden mittels Western Blot analysiert. Serumkonzentrationen des IGF-Bindungsprotein 2 (IGFBP2) wurden mit einem ELISA quantifiziert. Zwei Ganzkörper MRTs dokumentierten Änderungen der Thymusgröße und Fettmasse des Patienten vor und während der Rapamycintherapie (10mg/day). Das PTEN-Gen wurde mittels kommerzieller MLPA und Sequenzierung analysiert.

Ergebnisse: Die Lipomzellen hatten eine Lebensspanne von 91 Gernerationen (G) mit einer Verdopplungszeit von 25h. Nach 29 G ließen sich noch 55,1±10,42% (mean±SD) der Zellen zu Adipozyten differenzieren, gemessen an der Anzahl der lipidakkumulierenden Zellen. Die PTEN Proteinmenge war im Vergleich zu gesunden Kontrollpräadipozyten und SGBS Zellen verringert und eine konstitutive Phosphorylierung der Proteinkinase-B/AKT konnte festgestellt werden. Rapamycin (100nmol/l) verringerte die Zellproliferation um 30,06±10,10% und Adipozytendifferenzierung um 72,6±10,3%. Der individuelle Therapieversuch mit Rapamycin beim Patienten zu einem Aufholwachstum von 5cm (+0,57 SDS) und einer deutlichen Regression des Thymus um 45% in 4 Monaten. Bislang konnte keine Veränderung der Lipomatose und keine Gewichtszunahme des Patienten festgestellt werden. IGFBP2 wurde von anderen Arbeitsgruppen als diagnostischer Marker für eine erfolgreiche Rapamycintherapie von Patienten mit PHTS diskutiert. Nach 4 Monaten Behandlung zeigten die Serumwerte unseres Patienten mit 1217±504,9ng/ml keine Verringerung zu den Werten von 1269±296,3ng/ml vor Beginn (Referenz 277–640ng/ml).

Schlussfolgerung: Die große PTEN-Deletion verursachte einen Mangel an PTEN-Protein und damit eine erhöhte Proliferations- und Differenzierungsrate in Lipom-Zellen eines Patienten mit PHTS. Rapamycin konnte diese Effekte in vitro teilweise aufheben. Unter Einbeziehung der klinischen Ergebnisse könnte Rapamycin eine sinnvolle Therapieoption für Patienten mit schwerem PHTS darstellen.