Klinische Neurophysiologie 2011; 42(2): 91
DOI: 10.1055/s-0031-1275656
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

State-of-the-art Diagnostik des autonomen Nervensystems

State-of-the-Art Diagnosis of the Autonomic Nervous SystemC-A. Haensch
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Publication Date:
14 June 2011 (online)

Carl-Albrecht Haensch

Dieses Heft beschäftigt sich als Schwerpunkt mit der Diagnostik des autonomen Nervensystems, insbesondere der urogenitalen und gastrointestinalen Funktionsstörungen. 13 Jahre sind vergangen seit die „Klinische Neurophysiologie” zuletzt ein Schwerpunktheft zu Themen des Autonomen Nervensystems herausgegeben hat. Seitdem ist die Anzahl der autonomen Labore in Deutschland weiter gewachsen, ebenso das Interesse an Empfehlungen für einheitliche Standards und Leitlinien der Fachgesellschaften. Ziel der Ihnen jetzt vorliegenden Ausgabe ist es erneut einen methoden- und praxisorientierten Überblick über aktuelle Ergebnisse auf dem diagnostischem Gebiet der autonomen Dysfunktionen zu geben. Das autonome Nervensystem gilt als schwierig zu untersuchen. Autonome Funktionsdiagnostik ist für die richtige Diagnosestellung und Prognoseabschätzung notwendig und ermöglicht erst eine Evidenz-basierte Therapie. Dies ist zum Beispiel bei den häufig unkritisch indizierten und erfolglosen Herzschrittmacherimplantationen bei neurogenen Synkopen offensichtlich. Aber wann, was und wie untersuchen? Eine Vielzahl autonomer Funktionsuntersuchungen sind gut validiert, reproduzierbar, sensitiv und erfassen wichtige Komponenten des ANS, wie die Sudomotrik, kardiale Innervation oder die adrenerge Blutdruckregulation. Da die autonomen Kerngebiete des Gehirns einer direkten Messung nicht zugänglich sind, müssen alternativ die Reaktionen verschiedener Organsysteme auf unterschiedliche physiologische Stimuli untersucht werden. Neben der Weiterentwicklung von nicht-invasiven autonomen Tests ist in den vergangenen Jahren auch das Verständnis für Stolpersteine in der Durchführung der autonomen Funktionsdiagnostik und für die physiologischen Hintergründe gewachsen. So hat die Kipptischuntersuchung in den letzten Jahren ganz entscheidende Beiträge zur Differenzierung der zugrundeliegenden Kreislaufreaktionen geleistet. Autonome Reflexe halten den Blutdruck im Stehen aufrecht. Tritt in diesem Baroreflex eine Störung auf, resultiert eine kurze Bewusstlosigkeit aufgrund eines Kreislaufversagens. Jeder Dritte von uns erlebt mindestens einmal im Leben eine solche Synkope.

Ein besonderer Schwerpunkt dieses Heftes liegt auf den urogenitalen und gastrointestinalen Erkrankungen, die der neurophysiologischen Diagnostik noch zu häufig entgehen. Obwohl allein der Magen von mehr autonomen Nervenfasern versorgt wird, als das gesamte Rückenmark enthält, und für fast alle Bereiche Motilitätsuntersuchungen zur Verfügung stehen, wird diese Diagnostik noch zu selten durchgeführt. Besonders oft betroffen sind häufige Krankheitsbilder in der Neurologie wie Schlaganfall, Multiple Sklerose und Morbus Parkinson. Eine enge Kooperation aller beteiligten Fachdisziplinen ist für eine bessere Versorgung wünschenswert. Ein Forum hierfür bietet die Arbeitsgemeinschaft Autonomes Nervensystem (www.ag.ans.de).

Es ist gelungen ein ausgewiesenes Autorenkollektiv führender Experten zu gewinnen und das Thema fachübergreifend abzuhandeln. Bei allen Autoren möchte ich mich herzlich für ihre Expertise und Zeit bedanken.

Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. Carl-Albrecht Haensch

Autonomes Labor

Klinik fü Neurologie und

klinische Neurophysiologie der

Universität Witten/Herdecke

HELIOS Klinikum Wuppertal

Heusnerstraße 40

42283 Wupperta

Email: carl-albrecht.haensch@helios-kliniken.de

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