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DOI: 10.1055/s-0031-1275306
Invertiertes Papillom der Nasennebenhöhlen mit intrakranieller Beteiligung
Inverted Papilloma of the Paranasal Sinuses with Intracranial ExtensionPublication History
Publication Date:
25 May 2011 (online)

Fallbericht
Wir berichten über eine 66-jährige Patientin in gutem Allgemeinzustand mit einer seit circa 6 Monaten bestehenden progredienten Nasenatmungsbehinderung. Die Patientin beklagte weder Geruchsminderung noch Rhinorrhoe oder Cephalgien.
In der HNO-ärztlichen Untersuchung zeigte sich eine Verlagerung des linken Bulbus nach kaudal. Doppelbilder oder ein Visusverlust beständen nach Angaben der Patientin nicht. Zudem zeigte sich eine Polyposis nasi links mit fast vollständiger Verlegung der Nasenhaupthöhle. Eine neurologische Untersuchung war unauffällig. Ophthalmologisch fanden sich außer einem um 5 mm tiefer stehenden linken Bulbus keine Auffälligkeiten.
Eine zunächst angefertigte CT der Nasennebenhöhlen erbrachte eine weichteildichte Formation im Sinus frontalis mit Destruktion des Knochens und Durchbruch nach intrakraniell und nach links orbital suprabulbär ([Abb. 1]). Zur besseren Darstellung unter anderem der Dura führten wir zusätzlich eine MRT des Schädels durch. Hier zeigten sich ein Einbruch der vom Sinus frontalis und den Ethmoidalzellen beidseits ausgehenden Raumforderung nach intrakraniell – hauptsächlich extradural – und eine reaktiv vermehrte Kontrastmittelanreicherung der Dura ([Abb. 2a]). Eine Infiltration war bildmorphologisch nicht sicher auszuschließen. Außerdem lagen ein Einbruch in die linke Orbita mit Verdrängung des M. rectus superior vor sowie ein Exophthalmus und Verdrängung des Bulbus nach links kaudal ([Abb. 2b]).






Die histologische Aufarbeitung von Probeexzisionen aus der endonasalen Raumforderung links erbrachte deutlich polypöse respiratorische Schleimhautpartikel mit Anteilen eines invertierten Papilloms des Übergangsepithels mit minimaler Form- und Größenvarianz der Zellen und Hyperchromasie der Kerne.
Bei unserer Patientin lag eine Infiltration der Schädelbasis im Bereich der Lamina cribrosa vor. Aufgrund dieser Lokalisation entschlossen wir uns zu einem modifizierten subfrontalen Zugang zur Schädelbasis.
In Kooperation mit den Kollegen der ansässigen Neurochirurgie führten wir eine radikale Nasennebenhöhlen-Sanierung durch. Dafür erfolgte über einen Bügelschnitt die Darstellung der Nasenwurzel und der Stirnhöhlenvorderwand beidseits sowie deren temporäre Entnahme. Die gesamte Stirnhöhle zeigte sich mit polypös tumorösem Material ausgefüllt und im Bereich der Lamina cribrosa fand sich eine Infiltration der knöchernen Schädelbasis. Die papillomatöse Raumforderung durchdrang hier die Dura an den Filiae olfactoriae und wuchs nach intrakraniell. Daher erfolgte die Resektion der Dura einschließlich Teilen der Stirnhöhlenhinterwand und der Schädelbasis im Bereich der Lamina cribrosa, wobei ein ca. 3×4 cm großer Dura- und Schädelbasisdefekt entstand. Die Schädelbasis wurde durch subtiles Einnähen eines freien M. temporalis-Faszien Lappens und anschließender Auflage von TachoSil® sowie Einbringen eines großen M. temporalis Lappens zur vollständigen Abdeckung rekonstruiert. Abschließend wurde ein gestielter Galea Periost Lappen von ventral eingeschlagen und durch Naht fixiert. Auf diese Weise wurde die Schädelbasis vollständig rekonstruiert und abgedichtet. Die beiden Stirnhöhlen wurden nach vollständiger Entfernung der Schleimhaut durch Muskellappen obliteriert.
Des Weiteren erfolgte die Resektion der papillomatösen Raumforderung nach kaudal in Richtung Nase und ein abschließendes endonasales Gegenarbeiten in endoskopischer Technik. Die Patientin wurde mit einer Lumbaldrainage versorgt.
Der postoperative Verlauf gestaltete sich zunächst unauffällig und ohne neurologische Ausfälle. Es erfolgten regelmäßige Nachkontrollen. Diese umfassten im ersten halben Jahr eine monatliche klinische und endoskopische Untersuchung der Nase und Nasennebenhöhlen, sowie eine Computertomografie des Schädels und der Nasennebenhöhlen alle 3 Monate. 3 Monate postoperativ stellte sich die Patientin mit einer seit 3 Wochen progredienten Schwäche der rechten Körperhälfte in der Neurochirurgie vor. Eine veranlasste Computertomografie des Schädels zeigte ein chronisch-subdurales Hämatom links-hemisphärisch, das vermutlich auf den Liquorverlust intraoperativ und die Liquordrainage zurückzuführen war. Es folgte eine Bohrlochtrepanation links fronto-temporal, die Entlastung des subduralen Hämatoms und die Einlage einer temporären subduralen Drainage. Bei schneller vollständiger Rückbildung der Hemiparese rechts konnte die Drainage schließlich wieder entfernt werden.
Ein Hinweis für ein Rezidiv des invertierten Papilloms konnten weder in einer HNO-ärztlichen Untersuchung noch in den durchgeführten Computertomografien des Schädels gefunden werden.
Im sechsten Monat postoperativ stellte sich die Patientin zur geplanten Kontrollendoskopie mit Probenentnahme in Vollnarkose vor. Es ergab sich in der histologischen Aufarbeitung der entnommenen Proben kein Anhalt für ein Rezidiv des invertierten Papilloms ([Abb. 3]). Danach führten wir die Nachsorge alle 3 Monate durch. Ergänzend fand alle 6 Monate eine bildgebende Untersuchung des Schädels statt. Auch nach 18 Monaten zeigte sich die Patientin in der Nachsorge rezidiv- und beschwerdefrei.

