Zeitschrift für Palliativmedizin 2011; 12(2): 37-38
DOI: 10.1055/s-0031-1274591
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Palliativversorgung in Europa

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Publication Date:
11 March 2011 (online)

Liebe Leserinnen und Leser,

es begann mit einem Traum. Bereits 1949 hatte Cicely Saunders über neue Konzepte im Umgang mit Sterbenden nachgedacht, und begonnen, ihr „Haus für Sterbende“ zu planen. 1967 wurde dann das St. Christopher Hospiz im Süden Londons eröffnet. Von diesem ersten modernen Hospiz ging die Entwicklung der Palliativmedizin nicht nur in Großbritannien, sondern in vielen anderen Ländern aus. Auch die Pioniere der Palliativversorgung in Deutschland haben dort erste Erfahrungen gesammelt. 1983 wurde die erste deutsche Palliativstation in Köln eröffnet.

Seitdem wurde die Palliativversorgung in Europa rasch weiter entwickelt. In einigen Ländern ist sie auf dem Weg zu einer flächendeckenden Versorgung. Dabei haben die verschiedenen Gesundheitssysteme und Kulturen zu unterschiedlichen Umsetzungen geführt. So ist z. B. die Einbindung von ehrenamtlichen Mitarbeitern in Art und Umfang der Aufgaben durchaus verschieden.

Die Unterschiede zwischen den Ländern, Systemen und Modellen erfordern eine europäische Perspektive, um eine einheitliche Terminologie und gemeinsame Qualitätskonzepte zu finden.

Die Europäische Palliativgesellschaft EAPC (European Association for Palliative Care) wurde 1988 gegründet. Ihr Ziel ist die Förderung der Palliativversorgung in Europa und die Unterstützung von Interessenten und Berufstätigen im Feld der Palliativversorgung auf klinischer, wissenschaftlicher oder sozialer Ebene. Im Jahr 2010 hat die EAPC Mitglieder in 40 Ländern, sowie 42 nationale Fachgesellschaften in 26 europäischen Ländern. Die EAPC vertritt damit mehr als 50 000 Spezialisten und Ehrenamtler. Die Mission der EAPC wurde 2007 neu formuliert: Die EAPC bringt viele Stimmen zusammen, um eine Vision von exzellenter Palliativversorgung zu schaffen, die den Bedürfnissen der Patienten und ihrer Familien entspricht.

Die EAPC organisiert europäische Kongresse, bei denen aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt und neue Konzepte diskutiert werden. Für den EAPC-Kongress in Lissabon vom 17.–21. Mai 2011 werden unter dem Kongressmotto „Reaching out“ mehr als 2000 Teilnehmer aller Berufsgruppen erwartet. Das Kongressmotto soll nicht nur die Diskussion von Patientengruppen eröffnen, die zurzeit nur schwierig den Zugang zur Palliativversorgung finden, sondern auch die Kooperation mit anderen Ländern einleiten. Über das Mittelmeer hinweg sollen die nordafrikanischen Länder eingebunden werden, und die über die gemeinsame Sprache bereits bestehende Kooperation mit Brasilien soll vertieft werden.

Die EAPC überträgt aktuelle Aufgaben an Arbeitsgruppen. Diese Arbeitsgruppen haben in den letzten Jahren eine Reihe von Empfehlungen und Leitlinien veröffentlicht. So hat die Task Force on Medical Education europäische Curricula zur palliativmedizinischen Aus- und Weiterbildung von Krankenpflegekräften und Ärzten erstellt (1, 2).

In 2007 hat wurde der Atlas der Palliativversorgung in Europa mit ausführlichen Berichten zur Entwicklung und zum Stand der Versorgung in den einzelnen europäischen Ländern herausgegeben (3). Der Vergleich zeigte den Vorsprung von Ländern wie Großbritannien und Irland und Bereiche, in denen auch in Deutschland die Versorgung verbessert werden musste. Der Atlas zeigt aber auch Unterschiede in den Konzepten und Definitionen in den europäischen Ländern. Als Antwort auf die Kritik einer fehlenden gemeinsamen Sprache in der Palliativversorgung hat die EAPC gemeinsam mit den nationalen Fachgesellschaften Normen und Standards in der Palliativversorgung in einem Weißbuch beschrieben (4, 5).

Unterstützt wurde das Weißbuch durch die Budapest Commitments, einer Kampagne der EAPC in Zusammenarbeit mit der International Association for Hospice and Palliative Care (IAHPC) und der Worldwide Palliative Care Alliance (WPCA), die im Juni 2007 auf dem EAPC-Kongress in Budapest initiiert wurde. Die nationalen Fachgesellschaften wurden aufgefordert, aus unterschiedlichen Bereichen Ziele zu definieren, die sie in den nächsten zwei Jahren umsetzen möchten. Die Entwicklung der Charta zur Betreuung von Schwerstkranken und Sterbenden wurde als deutscher Beitrag zu den Budapest Commitments von der DGP initiert (6).

Mittlerweile ist auch ein Weißbuch zur palliativen Sedierung (7) veröffentlicht worden, weitere Weißbücher sind in Vorbereitung. Mit diesen Veröffentlichungen bietet die EAPC ihren Mitgliedern eine praxisnahe Handreichung bei aktuellen und wichtigen Themen. Die Serie soll in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden.

Mit diesen Vorarbeiten konnte die EAPC entscheidend zu Stellungnahmen der Europäischen Institutionen wie dem Martin Moreno Report (8) beitragen. Sie konnte damit die Weiterentwicklung der Palliativversorgung in unterschiedlichen Bereichen fördern.

Mit Kongressen, Veröffentlichungen und der Website bietet die EAPC den nationalen Fachgesellschaften und deren Mitgliedern eine Plattform für die Diskussion und Weiterentwicklung der Palliativversorgung in Europa. Daneben wird in den nächsten Jahren ein Schwerpunkt in der Interessenvertretung gegenüber den Europäischen Institutionen liegen. Die EAPC soll damit als kompetenter Ansprechpartner für die europäischen Entscheidungsträger verankert werden, um so den Schwerkranken und Sterbenden wie auch den Behandlern eine Stimme geben zu können.

Lukas Radbruch,
Präsident der EAPC

Literatur beim Autor

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