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DOI: 10.1055/s-0031-1274412
Legionellenausbruch in Ulm und Neu-Ulm im Dezember 2009 und Januar 2010
Der bundesweit bislang größte Legionellenausbruch ereignete sich zum Jahreswechsel 2009/2010 im Raum Ulm (Baden-Württemberg) und Neu-Ulm (Bayern). Bereits Ende Dezember 2009 trat eine ungewöhnliche Häufung von Legionella-bedingten Pneumonien auf. Die ersten drei Meldungen nach dem Infektionsschutzgesetz gingen am 5. Januar 2010 beim Gesundheitsamt Ulm ein. Unverzüglich wurden unter Beteiligung von verfügbaren lokalen und Landesbehörden (LGA und LGL) die notwendigen Ermittlungen in enger Zusammenarbeit mit externen Partnern (bspw. Universitätsklinikum, Krankenhäuser, Ärzte, Labore und Deut. Wetterdienst) durchgeführt. Alle Maßnahmen wurden in täglichen Lagebesprechungen abgestimmt und von einer intensiven Öffentlichkeits- und Pressearbeit flankiert. Ein Bürgertelefon wurde eingerichtet Das Medieninteresse war sehr groß.
Durch epidemiologische Befragungen und Trinkwasseruntersuchungen konnten gemeinsame Infektionsquellen wie öffentliche Gebäude, Schwimmbäder oder Hotels schnell ausgeschlossen werden. Deshalb konzentrierte sich die Suche bald auf Anlagen zur Nasskühlung oder Trocknung in Betrieben und Einrichtungen. Zur Feststellung nicht bekannter Anlagen, die oft auf Dächern installiert und in der Regel nicht genehmigungspflichtig sind, wurde das Gebiet beider Städte am 10. Januar mit einem Polizeihubschrauber überflogen. Darüber hinaus wurden alle Betriebe und Einrichtungen dringend gebeten, ihre Nasskühlsysteme bei den Gewerbeaufsichtsämtern zu melden und eine qualifizierte Reinigung und Desinfektion nur nach vorheriger Beprobung vorzunehmen.
Es wurden zahlreiche nasse und trockene Rückkühlwerke begangen, inspiziert und mikrobiologisch beprobt. In neun von 30 nassen Rückkühlwerken wurden Legionellen unterschiedlicher Spezies und Serogruppen nachgewiesen. Aber nur in einem Fall, d.h. bei einer größeren Nasskühlanlage auf einem Bürogebäude im Stadtgebiet von Ulm stimmten die Erreger von Kühlwasser und von acht Patienten, welche zuvor ein Ärzteteam der Uniklinik Ulm isoliert hatte, genetisch komplett überein. Im Nationalen Referenzzentrum in Dresden wurde dieser Erreger als Legionella pneumophila Serogruppe 1, monoklonale Subgruppe Knoxville, Sequenztyp 62 identifiziert; dabei handelt es sich um einen hochvirulenten Legionellenstamm. Anfang Februar 2010 war damit die Infektionsquelle gefunden.
Letztlich wurden den Gesundheitsämtern in Ulm und Neu-Ulm 64 durch Kultur, Urinantigennachweis und/oder PCR als Legionellose bestätigte Fälle gemeldet, darunter fünf Todesfälle (Letalität 7,8%). Die meisten Erkrankten waren über 60 Jahre alt, Raucher oder wiesen Vorerkrankungen auf; in Einzelfällen lagen jedoch auch keinerlei Risikofaktoren vor. Trotz außergewöhnlicher Schwierigkeiten konnte durch die interdisziplinäre, komplexe und länderübergreifende Zusammenarbeit dieser Ausbruch rasch geklärt werden.