Klin Padiatr 2011; 223 - P027
DOI: 10.1055/s-0031-1273828

Nephroblastom und STAR-Syndrom – FAM58A ein neuer Mosaikstein in der Nephrogenese

A Rakenius 1, A Atili 2, H Zappel 1, J Gärtner 1, J Kohlhase 3
  • 1Universitätsmedizin Göttingen, Pädiatrie II, Göttingen
  • 2Abteilung Augenheilkunde, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen
  • 3Praxis für Humangenetik Freiburg, Freiburg i.Br.

2008 wurde von Unger et al erstmalig das STAR-Syndrom (Syndaktylien, Telekanthus, anogenitale und renale Malformationen) beschrieben. Dieses Syndrom wurde bislang nur bei Mädchen beobachtet und wird durch einen Defekt im FAM58A-Gen auf Xq28 bedingt. Bei diesem Syndrom ist die renale Manifestation entscheidend für die Gesamtprognose. Wir stellen eine Patientin mit den typischen Stigmata vor, die darüberhinaus an einem Wilmstumor erkrankte. Bei der Patientin fielen schon bei Geburt ausgeprägte Syndaktylien, faziale Stigmata sowie eine Klitorishypertrophie und Labienhypoplasie auf. Außerdem zeigten sich ein vesikoureteraler Reflux, eine einseitig dysplastische Niere, eine Analstenose, ein Stilling-Türk-Duane-Syndrom, eine diffuse retinale Atrophie mit retinalen Pigmentepitheldefekten, Zapfen- und Stäbchenfunktionseinschränkung und ein Kleinwuchs. Im dritten Lebensjahr musste eine Tumornephrektomie bei einem Nephroblastom in der nicht dysplastischen Niere erfolgen. Der weitere Verlauf war von einer Proteinurie und zunehmenden Einschränkung der Nierenfunktion gekennzeichnet. Bis auf das Nephroblastom sind alle weiteren Merkmale typisch für das STAR-Syndrom. Als verwandte Syndrome wurden das Townes-Brocks-Syndrom (Krankheitsgen SALL1) und das Okihiro-Syndrom (Krankheitsgen SALL4) molekulargenetisch ausgeschlossen. Auf Xq28 wurde eine 115.054 bp umfassende Deletion nachgewiesen, die das FAM58A-Gen, das Krankheitsgen beim STAR-Syndrom, beinhaltet. Die Vielzahl der beim STAR-Syndrom betroffenen Organe legt nahe, dass das Genprodukt eine entscheidende Rolle in der Organogenese spielt. Für die SALL-Proteine und WT1 wurde die Rolle in der Nephrogenese bereits intensiv erforscht. Die beim STAR-Syndrom im Vordergrund stehenden renalen Fehlbildungen heben die Bedeutung für FAM58A bei der Nephrogenese hervor. Dass nun bei einer Patientin mit nachgewiesenem STAR-Syndrom als embryonaler Tumor ein Nephroblastom aufgetreten ist, macht die Erforschung der Rolle von FAM58A in der Nephrogenese noch dringlicher.