Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2011; 46(2): 124-130
DOI: 10.1055/s-0031-1272883
Fachwissen
AINS-Topthema: Der chronische Schmerzpatient als Notfall
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Der chronische Schmerzpatient als Notfall – Nicht algesiologische Akutsituationen: Obstipation, Übelkeit und Erbrechen

Non-algesic acute conditions: constipation, nausea and sickness in tumor and other patientsJan Humrich, Peter Kranke
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Publikationsdatum:
10. Februar 2011 (online)

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Zusammenfassung

Obstipation, Übelkeit und Erbrechen sind häufige Begleiterscheinungen bei chronischen Schmerzpatienten. Sie treten im Zusammenhang mit dem Grundleiden, aber auch mit der Schmerztherapie selbst auf. Die häufigste Ursache ist hierbei die sogenannte opioidinduzierte enterale Dysfunktion mit Obstipation sowie in der Initialphase Übelkeit durch Erregung zentraler Strukturen. Prophylaktische und therapeutische Maßnahmen sollten daher routinemäßig zur Anwendung kommen. Darüber hinaus stehen Reserveoptionen für spezielle Situationen zur Verfügung.

Abstract

Constipation, nausea and sickness are frequent accessory symptoms in patients suffering from chronic pain. Typical causes are the underlying disease and the medical treatment against chronic pain. Most often opioid treatment induces an enteric dysfunction syndrom with constipation as a leading symptom and, especially in the initial phase, nausea due to direct stimulation of central structures. Therefore prophylactic and therapeutic strategies should be determined routinely and additionally, in special cases, different reserve measures might be applied.

Kernaussagen

  • Obstipation, Übelkeit und Erbrechen sind häufige Begleiter während einer Schmerztherapie. Sie können sowohl durch die Grunderkrankung als auch durch die (medikamentöse) Therapie bedingt werden.

  • Die Therapie einer Obstipation richtet sich nach den subjektiven Beschwerden, die über längere Zeit bei mindestens 25% der Stuhlgänge auftreten (Rom-III-Kriterien). Bei Beginn einer Opioidtherapie sollte von vorneherein eine laxative Begleittherapie verordnet werden.

  • Eine Kombination aus einem Basistherapeutikum (Macrogol) und einer zusätzlichen, bedarfsorientierten Laxanziengabe (z. B. Natrium-Picosulfat, Glaubersalz, Einläufe) ist sinnvoll.

  • Zur Prophylaxe der opioidinduzierten Obstipation sind Naloxon/Opioid-Fixkombinationen pathophysiologisch sinnvoll. Zusätzliche Laxanziengaben sind aber dennoch häufig nötig.

  • Reserveoptionen für die opioidinduzierten Obstipation sind Methylnaltrexon (Palliativsituation) und Prucaloprid (Zulassung zur Therapie der chronischen Obstipation).

  • Die Therapie von Übelkeit und Erbrechen richtet sich nach der Ursache. Typische Ursachen sind der Beginn einer Opioidbehandlung, eine emetogene Chemo- oder Radiotherapie sowie gastrointestinale Obstuktionen.

  • Opioidinduzierte Übelkeit wird in den ersten 14 Tagen mit Metoclopramid (prokinetische Wirkung) behandelt. Bei unzureichender Wirkung kann mit Dimenhydrinat oder Ondansetron ergänzt werden. Alternativen zu Metoclopramid sind Domperidon oder niedrig dosierte Neuroleptika.

  • Eine komplette gastrointestinale Obstruktion erfordert neben der Erwägung chirurgischer oder invasiver Maßnahmen eine Therapie mit Spasmolytika (Butylscopolamin), Sekretionshemmern (Octreotid) und Glukokortikoiden (Dexamethason).

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Literaturverzeichnis

Dr. med. Dr. rer. nat. Jan Humrich
Prof. Dr. Peter Kranke

eMail: humrich_j@klinik.uni-wuerzburg.de

eMail: kranke_p@klinik.uni-wuerzburg.de