Einleitung: Die komplexe Schlafapnoe ist definiert als das Auftreten von rein zentralen Apnoen
(Apnoe-Hypopnoe-Index/AHI ≥5/h) oder einem Cheyne-Stokes-Atemmuster (CSA) unter CPAP-Therapie
bei vorher bestehendem obstruktivem Schlafapnoesyndrom (OSAS). Dieses Phänomen tritt
bei ca. 15% aller Patienten auf, die initial auf eine CPAP-Therapie eingestellt werden
und kann für eine Persistenz von Durchschlafstörungen und Tagesschläfrigkeit verantwortlich
sein. Die Umstellung der Therapie auf einen BiPAP-Beatmungsmodus erfordert ein schrittweises,
Polysomnograpie-gestütztes Vorgehen, das im folgenden anhand eines instruktiven Fallbeispiels
dargestellt wird.
Patienten und Methoden: Ein 71-jähriger Patient stellte sich mit einer seit mehreren Jahren langsam progredienten
Tagesschläfrigkeit mit Monotonieintoleranz und imperativem Einschlafen in unserem
Schlaflabor vor. Auf der Epworth-Skala erreichte der Patient 8 von 24möglichen Punkten;
dies entspricht formal noch keiner pathologisch gesteigerten Tagesschläfrigkeit, anamnestisch
ließ sich die Alltagsrelevanz der Beschwerden jedoch eindeutig eruieren. An Begleiterkrankungen
bestanden eine Adipositas (BMI 34,6kg/m2), ein Typ-2-Diabetes, und eine arterielle Hypertonie.
Ergebnisse: Nach Diagnosestellung eines OSAS leiteten wir eine CPAP-Therapie ein, unter der sich
ein komplexes SAS zeigte. Sowohl im BiPAP- als auch im BiPAP-ST-Modus waren in zwei
weiteren Untersuchungsnächten zahlreiche zentrale Apnoen auffällig, die aufgrund gleichzeitig
auftretender Obstruktionen der oberen Atemwege durch die Bilevel-Beatmung nicht beseitigt
wurden. Hier war erst die Anwendung eines BiPAP-Beatmungsmodus mit einem flexiblen
und ausreichend hohen endexspiratorischen Druckniveau (EPAP) effektiv.
Schlussfolgerung: Patienten mit komplexem SAS entsprechend der o.g. Definition sind „CPAP-Versager“,
die sich a priori klinisch nicht identifizieren lassen. Die pathophysiologischen Ursachen
der sich erst unter CPAP-Therapie manifestierenden zentralen Apnoen sind nicht geklärt;
es werden Störungen der Chemosensitivität vermutet. Während ein Teil der betroffenen
Patienten mittels adaptiver Auto-Servo-Ventilation suffizient zu behandeln ist, erfordert
die Einleitung einer Bilevel-Beatmung – wie im vorliegenden Fall – eine schrittweise
Anpassung der Druckparameter. Erst die Entwicklung von BiPAP-Geräten mit flexiblem
EPAP über 10cm H2O hinaus erlaubt es, zentrale Apnoen und zeitgleich auftretende Obstruktionen optimal
zu regulieren.
IPAP=inspiratorischer Druck, EPAP=endexspiratorischer Druck, AHI=Apnoe-Hypopnoe-Index,
ODI=O_2-Entsättigungsindex
|
Untersuchungsnacht
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
Therapiemodus
|
-
|
CPAP
|
BiPAP
|
BiPAP-ST
|
BiPAP-ST mit Auto-EPAP
|
EPAP (cm H_2O)
|
-
|
8–16
|
10
|
10
|
10–16
|
IPAP (cm H_2O)
|
-
|
-
|
18
|
12–25
|
12–32
|
AHI (pro h)
|
27,4
|
25,4
|
31,5
|
39,2
|
3,6
|
AHI zentral (pro h)
|
2,8
|
9,8
|
12,3
|
16,1
|
2,0
|
ODI (pro h)
|
20,1
|
17,1
|
30,1
|
30,6
|
6,2
|
Minimale O_2-Sättigung (%)
|
79
|
79
|
75
|
78
|
85
|
Mittlere O_2-Sättigung (%)
|
93
|
94
|
94
|
94
|
95
|
Respiratorischer Arousal-Index
|
12,4
|
12,2
|
22,9
|
27,9
|
1,8
|
Tiefschlafanteil (%)
|
6,7
|
6,0
|
8,7
|
1,5
|
12,4
|