Klinische Neurophysiologie 2011; 42 - P339
DOI: 10.1055/s-0031-1272786

Gesteigerte und asymmetrische kortikale Erregbarkeit bei Patienten mit vestibulärer Migräne – eine fMRT-Studie-

C. Best 1, P. zu Eulenburg 1, H. Krämer 1, T. Bauermann 1, P. Stoeter 1, M. Dieterich 1
  • 1Mainz, Gießen, München

Fragestellung: Die Vestibuläre Migräne (VM) stellt als Unterform der Migräne die zweit häufigste Form zentraler Schwindelsyndrome dar (1,2). Bei VM geht episodenhafter Schwindel mit migränetypischen Symptomen einher. Mögliche ursächliche Mechanismen sind eine trigemino-vaskuläre Dysfunktion (3), eine gesteigerte neuronale Exzitabilität oder eine reduzierte inhibitorische Aktivität (4). Ziel der fMRT-Studie war die Untersuchung der intrakortikalen reziproken intersensorischen Inhibition. Dabei wurde als Stimulationsparadigma ein visueller optokinetischer Nystagmus (OKN) verwandt.

Methoden: 10 VM Patienten und 14 altersangepasste gesunde Probanden wurden in randomisierter Reihenfolge mit zwei OKN-Bedingungen (OKN-R und OKN-L; 6°/s horizontal bewegtes Streifenmuster) bzw. einer Ruhebedingung (stationäre Streifen) mit fMRT untersucht. Statistische Auswertungen erfolgten mit SPM5.

Ergebnisse: Kortikale Aktivierungen: Bei VM Patienten konnte bei dem Vergleich OKN-R vs. OKN-L eine deutliche Asymmetrie des zerebralen Aktivierungsmusters nachgewiesen werden. OKN-L: Bei VM Patienten waren signifikante Mehraktivierungen im gesamten OKN-aktivierten kortikalen Netzwerk nachzuweisen, dies betraf vor allem bilateral somato-sensible Areale, visuelle Assoziationsareale und zerebellär Crus 1. OKN-R: Hier fanden sich keine signifikanten Mehraktivierungen. Kortikale Deaktivierungen: In der VM Gruppe konnten in der OKN-R Bedingung signifikante Minderaktivierungen subkortikal im Claustrum und im linken Lobulus parietalis inferior (IPL) nachgewiesen werden. Typische Deaktivierung im Bereich der hinteren Insel, des anterioren Cingulum oder des Gyrus temporalis superior fehlten gänzlich.

Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit VM kommt es während visueller Stimulation (OKN) im Vergleich zu Gesunden (i) zu einer ausgeprägten Asymmetrie der kortikalen Aktivierungsmuster, (ii) zu einer deutlich gesteigerten kortikalen Aktivierung visueller und somato-sensibler Areale und (iii) im subkortikalen Claustrum und ILP zu einer vermehrten Deaktivierung. Damit unterstützten diese Ergebnisse der Patienten mit VM die Hypothese einer gestörten intrakortikalen Inhibition bei Patienten mit Migräne.

Literatur:

[1] Strupp et al., Nervenarzt 2003

[2] Neuhauser & Lempert, Acta Otolaryngol. 2005

[3] Ambronsini et al., Cephalalgia 2003

[4] Aurora & Wilkinson, Cephalalgia 2007

Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF; 01 GW 0642), Stiftung Innovation Rheinlandpfalz