Ziele: Charakterisierung des supraspinalen Navigationsnetzwerks bei Patienten mit bilateraler
Vestibulopathie im Vergleich zu Normalpersonen bei realer Navigation mittels FDG-PET
Methoden: 8 Normalpersonen und 8 Patienten mit bilateraler Vestibulopathie mussten in einer
nicht vertrauten komplexen räumlichen Umgebung eines Ambulanzbereiches ein Navigationsparadigma
ausführen. Dazu wurde den Probanden zunächst die Räumlichkeit gezeigt, in der 5 Gegenstände
verteilt worden waren. Anschließend wurde FDG injiziert und die Probanden sollten
auf Anweisung in pseudorandomisierter Reihenfolge über einen Zeitraum von 10min die
Symbole wieder finden. Die Probanden trugen dabei eine blickgesteuerte Kopfkamera,
um das visuelle Navigationsverhalten während dieser Aufgabe zu dokumentieren. Als
Vergleichbedingung mussten die Probanden in einer zweiten Sitzung nach Injektion von
FDG für 10min in einem langen Gang auf- und abgehen ohne dabei zu navigieren. 30min
p.i. wurde jeweils eine PET-Messung durchgeführt. In der Auswertung wurde die Hirnaktivierung
bei der Navigationsbedingung gegen die stereotype Lokomotionsbedingung verglichen
und mit dem aufgezeichneten Blickverhalten bei Navigation korreliert.
Ergebnisse: In der Gruppe der Normalpersonen zeigte sich bei Navigation im Vergleich zu. stereotyper
Lokomotion eine Aktivierung im Bereich des pontinen Hirnstammtegments und des anterioren
Hippokampus (re>li). Der Vergleich der Navigation (vs. Lokomotion) zwischen Normalpersonen
und Patienten mit bilateraler Vestibulpathie ergab eine signifikant höhere Aktivierung
des rechten anterioren Hippokampus und der posterioren Insel bilateral bei den Normalpersonen,
während sich eine verstärkte Aktivierung des posterioren Parahippokampus bilateral
bei Patienten mit bilateraler Vestibulopathie fand. Anhand der Auswertung des Blickverhaltens
konnte bei Normalpersonen eine Navigationsstrategie nach einer ‘kognitiven räumlichen
Karte’, bei Patienten mit bilateraler Vestibulopathie eine Landmarken-basierte Strategie
ermittelt werden.
Schlussfolgerungen: Das reale Navigationsverhalten bei Normalpersonen und Personen mit einer bilateralen
vestibulären Störung unterscheidet sich deutlich. Eine raumorientierte Navigationsstrategie
bei Normalpersonen korreliert dabei mit einer Aktivierung des anterioren Hippokampus,
während eine Landmarken-basierte Strategie bei Patienten mit bilateraler Vestibulopathie
mit einer Aktivierung des posterioren Parahippokampus einhergeht. Es kann vermutet
werden, dass ein Mangel an vestibulärer Information zu einer Störung der Entwicklung
der ‘kognitiven räumlichen Karte’ im Hippokampus führt, die durch visuelle parahippokampale
Orientierung kompensiert wird.