Klinische Neurophysiologie 2011; 42 - P305
DOI: 10.1055/s-0031-1272752

Kortikale Erholung der Schluckfunktion vom Wundbotulismus

I.K. Teismann 1, T. Warnecke 1, S. Suntrup 1, C. Pantev 1, E.B. Ringelstein 1, R. Dziewas 1
  • 1Münster

Botulismus ist eine seltene Erkrankung, die durch die Intoxikation mit Botulinumtoxin ausgelöst wird. Eine rasch progrediente Dysphagie gehört zu den frühesten Symptomen der Vergiftung. Mit adäquater Therapie kann ein Rückgang der Symptome innerhalb weniger Tage beobachtet werden.

In den letzten Jahren haben verschiedene Studien der funktionellen Bildgebung die cerebrale Schluckverarbeitung untersucht. Hierbei zeigte sich während des willkürlichen Schluckaktes eine bilaterale Aktivierung des primären sensomotorischen Cortex und der Inselregion. Die meisten dieser Studien wurden an gesunden Probanden durchgeführt. Bis heute gibt es wenige Studien, die die kortikalen Veränderungen und Kompensationsmechanismen bei Schluckstörungen untersuchen.

In der vorliegenden magnetoencephalographischen Studie wurde die Entwicklung der Dysphagie und der entsprechenden kortikalen Veränderungen bei einer an Wundbotulismus erkrankten 27-jährigen Patientin untersucht. Es wurde ein ungetriggertes Schluckparadigma verwendet und die Daten mit einem Beamformer ausgewertet, der sowohl evozierte als auch induziert Aktivität darstellt.

Die erste MEG Messung wurde durchgeführt, als die Patientin noch eine hochgradige Dysphagie aufwies. Es zeigte sich eine stark reduzierte Aktvität des sensormotorischen Kortex und eine klare Aktivierung sowohl der rechten Inselregion als auch des linken posterioren parietalen Kortex (PPC). In der zweiten Messung, die fünf Tage später und nach klinischer Erholung der Dysphagie durchgeführt wurde, zeigte sich eine Abnahme der Aktivität in den beiden letztgenannten Regionen und eine bilaterale Aktivierung des primären sensomotorischen Kortex, die mit der gesunder Probanden vergleichbar ist.

Die Ergebnisse weisen auf eine parallele Entwicklung der klinischen Erholung von der Dysphagie und der Normalisierung der schluckassoziierten kortikalen Aktivierung hin. Gleichzeitig betonen sie die Relevanz der Inselregion und der PPC für die zentrale Koordination des Schluckens. Daraus ergibt sich, dass mithilfe des MEG auch kurzfristige Änderungen bei Patienten mit neurogener Dysphagie als Zeichen kortikaler Anpassunge nachgewiesen werden können.

Abb.: Änderungen im sensomotorischen Kortex und der Insel bei einer Patientin mit Botulismus. Die linke Spalte demonstriert die typische Desynchronisation im β-Frequenzband. Die mittlere und rechte Spalte zeigen Synchronisationen der kortikalen Aktivität im Gammafrequenzband. Das gewählte Signifikanzniveau ist p<0,05.