Klinische Neurophysiologie 2011; 42 - P302
DOI: 10.1055/s-0031-1272749

Schlaf-unabhängige Verbesserung der Konsolidierung motorischer Fähigkeiten unter dem Einfluss von transkranieller Gleichstromstimulation

J.T. Fischer 1, B. Fritsch 1, C. Weiller 1, J. Reis 1
  • 1Freiburg

Unter dem Einfluss von transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS), die über dem motorischen Kortex (M1) appliziert wird, erlernen gesunde Probanden eine neue motorische Aufgabe schneller und besser (Reis et al., 2009). Wir konnten kürzlich zeigen, dass dieser Lernvorteil durch einen positiven Effekt der tDCS auf die Konsolidierung des neu Erlernten (offline-Lernen) zustande kommt. In der jetzigen Studie haben wir untersucht, inwieweit dieser Effekt abhängig ist von Zeit und Nachtschlaf.

48 gesunde Probanden übten eine motorische Kraftmodulationsaufgabe mit der rechten Hand (sequential visual isometric pinch task, SVIPT) an 3 aufeinander folgenden Tagen.

Vierundzwanzig dieser Probanden wurden täglich während des Trainings mit anodaler tDCS über M1 stimuliert, 24 Probanden erhielten eine Placebo-Stimulation. In jeder Gruppe wurde täglich die motorische Fähigkeit bei 12 Probanden nach 5 Minuten (keine Pause) nachuntersucht und bei 12 Probanden nach 3 Stunden (3h Pause). Die Auswahl eines Zeitfensters von 3 Stunden war angelehnt an die Dauer der Nacheffekte der tDCS auf die motorkortikale Exzitabilität (Nitsche et al., 2000). Wir antizipierten eine Zunahme motorischer Fähigkeiten innerhalb dieses Zeitfensters.

Mit anodaler tDCS stimulierte Probanden und Placebo-stimulierte Probanden zeigten in allen Gruppen eine Zunahme der motorischen Fähigkeit während des Trainings (online-Effekt). Während sich ohne Pause nach dem Training tendenziell eine weitere Zunahme der motorischen Fähigkeit nach anodaler tDCS zeigte, fand sich über Nacht ein geringer positiver offline Effekt in der tDCS Gruppe und ein negativer offline Effekt (Vergessen) in der Placebo-Gruppe.

In den Gruppen mit 3-stündiger Pause fand sich ein signifikanter positiver offline Effekt der anodalen tDCS im Vergleich zur Placebo-Gruppe innerhalb des 3 Stunden Zeitfensters (p<0,05), jedoch keine weitere Veränderung über Nacht.

Diese vorläufigen Ergebnisse weisen auf eine Verbesserung der schlaf-unabhängigen Konsolidierung neuer motorischer Fähigkeiten innerhalb von 3 Stunden nach Trainingsende unter dem Einfluss von anodaler tDCS hin. In wie weit verhaltensspezifische Effekte mit den Nacheffekten der tDCS auf die motorkortikale Exzitabilität korrelieren, ist Gegenstand unserer aktuellen Untersuchungen.

Referenzen:

[1] Reis et. al. (2009). Proc Natl Acad Sci U S A.106(5):1590–5

[2] Nitsche & Paulus (2000). J Physiol 527:633–9