Klinische Neurophysiologie 2011; 42 - P300
DOI: 10.1055/s-0031-1272747

Spiegelt sich Gestik in engen funktionellen Verbindungen zwischen Hand- und Spracharealen wider?

R. Sparing 1, I. Gröning 1, M.D. Hesse 1, I.G. Meister 1
  • 1Jülich, Köln

Einleitung: Die Entwicklung der Sprache ist eine der wichtigsten Grundlagen der menschlichen Kultur. Mittels transkranieller Magnestimulation (TMS) konnte nachgewiesen werden, dass sich auch die Erregbarkeit des motorischen Handareals (M1-Hand) der sprach-dominanten Hemisphäre während der Durchführung sprachlicher Aufgaben ändert (1,2).

Hypothese: Die Höhe dieser individuell bestimmbaren Modulation der motorisch evozierten Potentiale steht in Zusammenhang mit dem Grad, wie häufig und intensiv der Proband Gestik in der alltäglichen Kommunikation einsetzt.

Methodik: Bei 40 gesunden Probanden wurde mittels eines standardisierten Interviews der Grad des Gebrauchs von Gestik in der Kommunikation bestimmt. In einem zweiten Schritt wurde die motorische Exzitabilität von M1-Hand mit TMS bestimmt, während die Probanden sprachliche Aufgaben durchführten (zur Methodik, s. 1,2).

Ergebnisse: Es zeigt sich eine Korrelation zwischen einem hohen individuellen Gestikpunktwert und der relativen Exzitabilitätsänderung des motorischen Handareals beim Sprechen. Die Erregbarkeit des motorischen Systems der Probanden, die häufig Gestik einsetzen, ändert sich während des Sprechens stärker, als bei den Probanden, die wenig Gestik in einem Gespräch einsetzen.

Diskussion: Die Befunde unterstützen die Vermutung, dass Gestik ein Bindeglied zwischen reiner Handmotorik und Sprache verkörpert. Die enge funktionelle Verknüpfung von Hand- und Spracharealen in der sprach-dominanten Hemisphäre könnte ein evolutionär bedingtes Rudiment darstellen.

Literatur:

[1] Meister I.G., Sparing R., et al. Functional connectivity between cortical hand motor and language areas during recovery from aphasia. J Neurol Sci. 2006;247:165–8.

[2] Sparing R., Meister I.G., et al. Task-dependent modulation of functional connectivity between hand motor cortices and neuronal networks underlying language and music: a transcranial magnetic stimulation study in humans. Eur J Neurosci. 2007;25:319–23.